So hilft die EKD unterdrückten Christen in der Welt

Eine Jesus-Skulptur in Aleppo: Christen werden in vielen Ländern gezielt getötet, überfallen und vertrieben.
Foto: Thinkstock/iStockphoto/Karasmake
Eine Jesus-Skulptur in Aleppo: Christen werden in vielen Ländern gezielt getötet, überfallen und vertrieben.
So hilft die EKD unterdrückten Christen in der Welt
Man hat den Eindruck, es entstehen immer mehr Krisen auf der Welt, in denen auch die Christen gezielt getötet, überfallen und vertrieben werden. Oberkirchenrat Thorsten Leißer, Theologischer Referent für Menschenrechte und Migration im Kirchenamt, erzählt im Interview, was die EKD dagegen unternimmt.

Die christliche Hilfsorganisation "Open Doors" nennt die Zahl von weltweit 100 Millionen Christen, die brutal drangsaliert und verfolgt werden und stellt einen Verfolgungsindex zusammen. An der Spitze der traurigen Liste stehen die Regime in Nordkorea und extremistische Islamisten in Afrika – gefolgt von Syrien und Irak mit dem Islamischen Staat (IS). Können Sie diese Zahl bestätigen?

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Thorsten Leißer: Diese Zahl ist nicht verifizierbar. Es geht hier um Schätzungen dieser Organisation. Keiner hat die verfolgten Christen gezählt. Es kommt ja immer drauf an, welche Kriterien angelegt werden: Geht es um Verfolgte nach der Genfer Flüchtlingskonvention? Geht es um Benachteiligung im Beruf? Oder um Mord und Totschlag? Das sind alles wichtige Fragen, die man berücksichtigen müsste. Deshalb wird auch in der Fachwelt zunehmend eine kritische Distanz zu solchen Zahlenwerken aufgebaut.

Sind es also weniger verfolgte Christen?

Leißer: Ich finde es unmöglich, eine konkrete Zahl zu nennen – ob größer oder kleiner. Das ist nicht seriös. Ich sehe auch nicht, welchen Vorteil man hat, wenn man eine Zahl hat. Jeder einzelne, egal ob es sich um Christen oder Alewiten handelt, ob Suniten oder Schiiten – jeder, der einer Minderheit angehört und mit dem Tode bedroht wird, ist einer zu viel.

In Nordkorea kann der Besitz einer Bibel die Todesstrafe bedeuten oder Lagerhaft für die ganze Familie, heißt es in Berichten. Wie geht man damit als EKD um?

Leißer: Das Thema Nordkorea ist sehr schwierig. Wir bekommen kaum verifizierbare Informationen. Es gibt Berichte von Betroffenen aus evangelikalen Einrichtungen, die Kontakte dorthin haben. Wir selber können dazu wenig sagen, denn es gibt ein offizielles Nordkorea und es gibt eins, von dem wir uns wahrscheinlich gar nicht ausmalen können, wie brutal und menschenrechtlich höchst dramatisch es ist. Aber wir selbst verfügen über keine Berichte aus erster Hand.

"Die EKD verfügt weder über militärische noch sonstige machtpolitische Mittel"

Wie sieht es aus in Irak – die Medien berichten von Übergriffen auf Christen und andere Minderheiten, das heißt: Entführung und Ermordung, Vergewaltigung, Vertreibung, Hungertod. Hier entsteht ein rechtsfreier Raum, in dem islamistische Terroristen das Sagen haben. Wie äußert sich die EKD dazu?

Leißer: Selbstverständlich wird das terroristische und brutale Treiben des IS verurteilt! Das geschieht in Statements, in Vorträgen, auch gegenüber der Bundespolitik setzen wir uns dafür ein, dass der Schutz von Menschenrechten gewährleistet sein soll. Aber auch wenn sich das manche Menschen wünschen, verfügt aber die EKD weder über militärische noch sonstige machtpolitische Mittel hier direkt eingreifen zu können.

Was unternimmt die EKD?

Leißer: Wir haben die Möglichkeit, uns politisch einzusetzen. Es gibt die Möglichkeit, Hilfsgüter zu schicken – das macht die Diakonie Katastrophenhilfe sehr ausgiebig gerade auch im Moment im Nordirak. Dort wird sehr kurzfristig reagiert auf humanitäre Notsituationen. Und zugleich müssen wir schauen, dass die Politik in Deutschland dafür offen ist, unbürokratisch Flüchtlinge aufzunehmen und dass sie den politischen Druck erhöht, die politischen Grundrechte zu gewährleisten. Das ist aber leichter gesagt, als getan, denn wer sich mit dem Nahen Osten ein bisschen auskennt, weiß, dass dieses Pulverfass nicht erst seit den letzten 20 Jahren höchst problematisch ist.

Aus Saudi Arabien wird berichtet, dass christliche Gastarbeiter aus den Philippinen angeblich bestraft werden, wenn sie beispielsweise einen Gottesdienst feiern. Missionierung ist streng verboten ist und kann mit dem Tode bestraft werden. Menschen werden dann wochen- oder monatelang inhaftiert, gefoltert, schließlich abgeschoben. 

Leißer: Saudi-Arabien ist ein Beispiel, das für viele Länder der arabischen Halbinsel gilt. Es gibt viele Gastarbeiter, die dort auch ihre Religion in einem kleinen Rahmen ausüben können, da fährt Saudi-Arabien einen relativ liberalen Kurs – natürlich herrschen dort keine Zustände wie in Mitteleuropa. So restriktiv mit Christen umzugehen, kann sich das Land auch gar nicht leisten. Ein besonderer Fokus jedoch ist die Frage nach der Konversion. Werden Muslime für das Christentum geworben, dann reagiert das Regime mit Druck. 

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Wenn es um den politischen Druck zu solchen Ländern geht, muss man sagen, dass hier Menschenrechte immer wieder zugunsten von Handelsgeschäften zurückstehen müssen!

Leißer: Mit Saudi Arabien hat man einen starken Handelspartner, der in Rüstungsgeschäften aus Deutschland seine Waffen bezieht. Dann zu sagen, dass die Islamisten vor Ort aber die Menschenrechte mit Füßen treten – das ist ein Balanceakt.

Was machen die Kirchen nun?

Leißer: Es gibt die "Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwickelung" (GKKE) – die von evangelischer und katholischer Seite gemeinsam getragen ist, und die veröffentlicht auch jedes Jahr den vielfach beachteten "Rüstungsexportbericht". Das ist einer der Anlässe an denen regelmäßig auf die Doppelmoral des Bundes hingewiesen wird und auch angemahnt wird, woran es in solchen Ländern mangelt.

Lesen Sie den zweiten Teil des Interviews: über Apostasie, die Strategie der Islam-Terroristen und die stille Diplomatie der Kirchen.