Publizist Grosser: Israel-Proteste nicht antisemitisch

Publizist Grosser: Israel-Proteste nicht antisemitisch
Der deutsch-französische Publizist Alfred Grosser hält die aktuellen Anti-Israel-Proteste in Europa nicht für antisemitisch.
17.07.2014
epd
Dominik Speck

"Immer wieder dieselbe Antwort auf berechtigte Israel-Kritik", sagte Grosser dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf Äußerungen des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann. Dieser hatte den Demonstranten zuvor Antisemitismus attestiert.

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Grosser sagte, Häuser und Leben von Menschen im Gazastreifen würden "mit israelischer Willkür zerstört". Zwar sei es ein Unrecht, dass die Hamas weiter Raketen schieße. "Aber mit welcher rechtlichen Grundlage blockiert Israel den Gazastreifen insbesondere vom Meer?" fragte der 89 Jahre alte Politologe, der vor allem für seinen Einsatz für die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt ist. Deutschland könne theoretisch seine Stimme gegen dieses Unrecht besser erheben als alle anderen, ergänzte Grosser: "Dass man daran im Namen von Auschwitz gehindert wird, gleicht einer ständigen Erpressung."

Vor gut einer Woche hatte Israel mit Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen begonnen. Die Angriffe waren eine Reaktion auf massiven Raketenbeschuss auf Städte in Israel. In der Folge kam es unter anderem in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden zu propalästinensischen Demonstrationen, zu denen auch Rechtsextremisten, Islamisten und linke Organisationen aufriefen. Graumann schrieb dazu in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwochsausgabe): "Das Ausmaß von Hass und Hetze, das uns auf deutschen Straßen entgegenschlägt, ist schockierend." Antisemitische Hetze "mitten in unseren Städten" werde man niemals akzeptieren, fügte der Zentralratsvorsitzende hinzu.

Grosser wurde 1925 als Sohn eines jüdischen Kinderarztes in Frankfurt am Main geboren. 1933 emigrierte die Familie nach Frankreich. Anfang des Monats hatte der Politologe als Ehrengast des Bundestages eine Rede zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg gehalten. "Wäre all dies vor meiner Bundestagsrede geschehen, so hätte ich die Stelle über die Würde der Palästinenser länger und härter gestaltet", betonte der 89-Jährige.