EKD-Friedensbeauftragter: Keine Waffen in den Irak!

Vertriebene im Nordirak
Foto: dpa/Christian Aid Program CAPNI
Menschen, die vor der sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflohen sind, schlafen in der Stadt Dohuk im Nordirak unter einer Brücke
EKD-Friedensbeauftragter: Keine Waffen in den Irak!
"Die Lieferung von deutschen Waffen an die kurdische Peschmerga halte ich für falsch", sagt der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Renke Brahms. Deutschland solle sich stattdessen um die Flüchtlinge kümmern.

Die Situation im Irak ist erschreckend und bedrohlich. Das Vorgehen der Terrororganisation  "Islamischer Staat" ist menschenverachtend und von einer unvorstellbaren Grausamkeit. Christen, Jesiden, Schiiten und sogar gemäßigte Sunniten werden bedrängt, verfolgt, zwangsbekehrt, vertrieben und ermordet. In dieser Situation kann die internationale Gemeinschaft nicht untätig bleiben.

Autor:in
Renke Brahms
Renke Brahms

Renke Brahms (geb. 1956) ist Pastor, Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche und seit Oktober 2008 erster Friedensbeauftragter des Rates der EKD.

Erschreckend ist, dass die Situation auch dadurch entstanden ist, dass der Irak-Krieg unter erlogenen Gründen von einer "Koalition der Willigen" begonnen und durchgeführt wurde. Die langfristigen Folgen dieser militärischen Intervention sind nun zu sehen. Die politische Situation im Irak ist gelähmt durch die Politik des Ministerpräsidenten al-Maliki, der es versäumt hat, Sunniten und andere Minderheiten in eine Verantwortung für den Staat mit einzubeziehen. Das ist ein entscheidendes Versagen. Es ist daher dringend notwendig, eine politische Lösung unter Einbeziehung aller im Irak voranzubringen.

Erschreckend ist auch, dass es angesichts des schon stattfindenden und weiter drohenden Völkermords an Christen und Jesiden notwendig ist, aktuell wieder mit Mitteln der Gewalt einzugreifen, um das Recht zu schützen. Das kann und darf nur begrenzt geschehen, mit dem Ziel, die bedrohten Menschen zu schützen und den Vormarsch des "Islamischen Staates" zu stoppen. Dabei wird das ganze Dilemma der Situation deutlich: Der militärische Einsatz der USA droht wiederum terroristische Gruppen zu radikalisieren und ihnen Sympathisanten zuzuführen.

Islamische Staaten tragen Verantwortung

Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass die UN in dieser Situation nur eine untergeordnete Rolle spielen. Es gibt kein UN-Mandat des Sicherheitsrates zu einer militärischen Aktion im Rahmen einer Schutzverantwortung. Das Völkerrecht wird dadurch weiter untergraben. Die Schwäche der UN hat ihre Gründe auch in einer Schwächung durch die USA, Russland und China, die sich blockieren.

Ich frage mich, wo die islamische Welt und islamischen Staaten in dieser Situation Verantwortung übernehmen. Die Konflikte im Irak und in Syrien sind letztlich nicht von außen und durch die westliche Welt zu lösen, sondern bedürfen des Engagements der Staaten vor Ort. Die Finanzierung und Ausrüstung der "IS" durch Saudi-Arabien und Katar ist ein Skandal. Deshalb sind auch Rüstungsexporte an diese Staaten zu beenden.

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Die Lieferung von deutschen Waffen an die kurdische Peschmerga halte ich für falsch. Deutschland hat sich zu einer Rüstungsexportpolitik verpflichtet, die Lieferungen in Kriegs- und Krisenregionen ausschließt. Daran sollte die Bundesregierung festhalten. Die Richtung einer restriktiveren Rüstungsexportpolitik ist langfristig der richtige Weg.

Eine Zurückhaltung Deutschlands bei der Lieferung von Waffen verstehe ich nicht als "Raushalten". In der aktuellen Situation müssen die Staaten mehr Verantwortung übernehmen, die in der "Koalition der Willigen" die militärische Intervention im Irak zu verantworten haben. Deutschland übernimmt Verantwortung und sollte sie in humanitärer Hilfe und der Aufnahme und Unterstützung von Flüchtlingen intensiv und mit großen Anstrengungen wahrnehmen. Dazu werden wir auch als Evangelische Kirche in Deutschland unseren Beitrag leisten.

Entscheidend für eine politische Stabilisierung der Region ist es, schon jetzt über die aktuelle Situation hinaus zu denken und einen langfristigen Aufbau der Region zu unterstützen, der terroristischen Gruppen den Boden entzieht.

Meine Hoffnungen und Gebete sind bei den bedrohten Menschen im Irak.