Entsetzen über Misshandlungen von Flüchtlingen

Entsetzen über Misshandlungen von Flüchtlingen
Neue Vorwürfe in Bad Berleburg
In Burbach, Essen und nun auch in Bad Berleburg sollen Sicherheitsleute Flüchtlinge misshandelt haben. Die Vorwürfe sorgten bundesweit für Entsetzen und für eine Diskussion um den Einsatz von privaten Wachdiensten in Flüchtlingsheimen.

Der Skandal um mutmaßliche Misshandlungen von Flüchtlingen durch Sicherheitsleute in Asylunterkünften in Nordrhein-Westfalen weitet sich aus. Nachdem angebliche Gewalttaten in Burbach und Essen bundesweit Entsetzen ausgelöst hatten, wurde am Montag ein weiterer Verdachtsfall aus Bad Berleburg bekannt. Wie der Siegener Oberstaatsanwalt Johannes Daheim dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte, wird dort gegen zwei Sicherheitsmitarbeiter wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung ermittelt.

Die Vorfälle lösten bundesweit Bestürzung aus. Die Bundesregierung forderte am Montag eine schnelle Aufklärung. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, "dann wären dies widerwärtige Taten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) nannte die Vorkommnisse im WDR beschämend und räumte ein, dass offenbar nicht genug kontrolliert worden sei.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, forderte im rbb-Inforadio, es müsse grundsätzlich für bessere Standards bei der Unterbringung von Flüchtlingen gesorgt werden.

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In Bad Berleburg sei es am 12. September in der Flüchtlingsunterkunft des Roten Kreuzes vermutlich zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Bewohnern gekommen, sagte der Siegener Oberstaatsanwalt Daheim. Beim Eingreifen der Sicherheitsleute sei der Angreifer mutmaßlich verletzt worden.

Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln daneben wegen Vorfällen in Essen und Burbach. Wegen Misshandlungen in der Notunterkunft in Burbach wird nach Angaben des Siegener Oberstaatsanwalts mittlerweile gegen sechs Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes ermittelt. Dort war ein anderer Sicherheitsdienst tätig als in Bad Berleburg.

Bei der Essener Polizei sind drei Anzeigen wegen Körperverletzung eingegangen. Betroffen ist das Flüchtlingsheim im Opti-Park. Die beschuldigten Wachmänner sind offenbar vorbestraft. Beide Flüchtlingsheime werden von der Firma European Homecare betrieben, die Sicherheitskräfte waren bei einem Subunternehmer angestellt.

Das Essener Unternehmen European Homecare äußerte sich "fassungslos und schockiert". Geschäftsführer Sascha Korte entschuldigte sich für die Vorfälle und versprach Aufklärung. Nach seinen Worten wurde der Sicherheitsfirma bereits gekündigt. Das Wachpersonal in den bundesweit 40 von European Homecare betriebenen Flüchtlingsheimen kommt nach seinen Worten von Behörden oder regionalen Subunternehmen.

Die zuständige Bezirksregierung Arnsberg erließ einen Sofortplan mit schärferen Auflagen für European Homecare, wonach künftig nur geprüftes Sicherheitspersonal mit polizeilichem Führungszeugnis eingesetzt werden darf.

Unterdessen wurde Kritik an privaten Sicherheitsdiensten laut. Die Deutsche Polizeigewerkschaft nannte die Vorfälle eine Folge zunehmender Privatisierung von öffentlichen Aufgaben. "Pro Asyl"-Geschäftsführer Günter Burkhardt forderte im Deutschlandradio Kultur mehr Kontrollen in Einrichtungen: "Warum gab es keine Sozialarbeiter, keine Person des Vertrauens, an die sich die Flüchtlinge gewendet haben?"

Der Deutsche Landkreistag wies dagegen pauschale Kritik an privat betriebenen Asylunterkünften zurück. "Für Flüchtlingsunterkünfte eines privaten Auftragnehmers gelten die gleichen Standards wie für kommunale Einrichtungen", sagte Sozialdezernentin Irene Vorholz dem epd.

Der Präsident des Deutschen Städtetags, der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD), sagte im Bayerischen Rundfunk, der Vorfall zeige, dass die steigenden Asylbewerberzahlen die Kommunen vor enorme Probleme stellten. Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet forderte, die Landesregierung müsse die Kommunen bei der Versorgung von Asylbewerbern besser unterstützen.