Kardinal Marx warnt vor "Ungeist der Rechthaberei"

Kardinal Marx warnt vor "Ungeist der Rechthaberei"
Vor einem "Ungeist der Rechthaberei" hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, die Gegner von Erneuerungen in der katholischen Kirche gewarnt. Papst Franziskus habe bei der Familiensynode in Rom "Türen aufgestoßen", auch wenn das Abschlusspapier die nach vorne blickenden Passagen nicht mehr enthielt.

Mit Blick auf die jüngst beendete vatikanische Familiensynode sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit", dahinter stecke ein Denken, dass der Geist Gottes nur auf einer Seite am Werk sei. "Doch das ist auch theologisch nicht sauber." Der Geist gehe über die Grenzen der Kirchen hinaus, "und wir sollten offen sein, sein Wirken auch dort zu entdecken".

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Bei der am Sonntag abgeschlossenen Bischofsversammlung in Rom hatte es heftige Diskussionen über Ehe- und Familienfragen gegeben. Zu den Streitpunkten zählte unter anderem der Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen sowie Homosexuellen. Diese Themen seien im Vatikan "bisher unverhandelbar" gewesen, sagte Marx. Papst Franziskus habe Türen aufgestoßen, daran änderten auch die Abstimmungsergebnisse nichts. Entsprechende Passagen im Schlussdokument hatten die erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlt, obwohl die Formulierungen bereits auf Kompromissen beruhten.

Der während der Synode veröffentlichte Zwischenbericht sei "schon sehr zugespitzt gewesen", schilderte der Münchner Erzbischof. Darin hatte sich der ungarische Kardinal Peter Erdö für "mutige Entscheidungen" zugunsten von Menschen mit gescheiterten Beziehungen, Paaren ohne Trauschein sowie Lesben und Schwulen ausgesprochen. Er sei darüber froh gewesen, sagte Marx, weil er diese Linie auch selbst vertreten habe. So wandte sich Marx gegen den pauschalen Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen von den Sakramenten.

Das Schlussdokument sei ein "Kompromisstext", der zum Ausgangspunkt für weitere Überlegungen werden solle, ergänzte der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Er wünscht sich eine Fortsetzung der Debatte in den Kirchengemeinden und unter den Gläubigen. "Unbedingt", sagte er auf eine entsprechende Frage. "Wir sind gemeinsam Kirche, und wir wollen gemeinsam weiterkommen auf dem Weg nach vorn", ergänzte Marx. Wie die Diskussion in den nächsten Monaten an der Basis weitergeführt wird, ist gegenwärtig noch offen. Im Oktober 2015 will eine weitere Bischofssynode im Vatikan Beschlüsse zu den umstrittenen Themen fassen.