Zentralrat der Juden: Schuster soll auf Graumann folgen

Zentralrat der Juden: Schuster soll auf Graumann folgen
Graumann hatte am Freitag seinen Rückzug angekündigt. Sein Nachfolger Josef Schuster aus Bayern soll Ende November in Frankfurt am Main gewählt werden. Der Zentralrat vertritt bundesweit rund 100.000 Mitglieder.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, hat seinen Rückzug angekündigt. Der 64-Jährige werde nicht für eine weitere Amtszeit antreten, teilte der Zentralrat am Freitag in Berlin mit. Um die Nachfolge bewirbt sich Vizepräsident Josef Schuster aus Bayern. Das Präsidium wird am 30. November auf einer Ratsversammlung in Frankfurt am Main gewählt. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) würdigte Graumann als starken Repräsentanten des Judentums in der Bundesrepublik.

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Der Zentralrat der Juden in Deutschland vertritt nach eigenen Angaben rund 101.300 Mitglieder. Sie gehören zu 108 jüdischen Gemeinden in 23 Landesverbänden. Graumann steht seit 2010 an der Spitze des Zentralrats. Er ist der erste Präsident, der den Holocaust nicht mehr persönlich erlebt hat.

Graumann sagte, er wolle künftig wieder mehr Zeit für Familie und Privatleben haben. Namens des Präsidiums erklärte Schuster, man bedauere die Entscheidung und hätte sich eine weitere Amtszeit gewünscht. Graumann habe für den Zentralrat und die jüdische Gemeinschaft "ganz Außerordentliches" geleistet. Schuster verwies auf die Verdoppelung der staatlichen Mittel für den Zentralrat sowie auf bedeutende Veranstaltungen, "die das Judentum hierzulande enorm gestärkt und inspiriert haben". Graumann habe "stets den Zusammenhalt der pluralen, jüdischen Gemeinschaft im Sinn und im Herzen" gehabt.

Er sei Graumann "überaus dankbar für das geschenkte Vertrauen und das verlässliche Miteinander", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir brauchen solch starke Repräsentanten und unbequemen Mahner wie ihn." Der scheidende Zentralrats-Präsident habe die nichtjüdischen Mitbürger immer wieder daran erinnert, mehr gegen Antisemitismus und für die Stärkung der Demokratie zu tun. "Dass solch ein Engagement für ein friedliches Zusammenleben in einem breiten Dialog unterschiedlichster Religionsvertreter möglich war, ist auch sein Verdienst", ergänzte Schneider.

Schuster sagte dem epd, bei seiner Kandidatur gehe es ihm um Kontinuität im Zentralrat. Der Würzburger Arzt ist seit vier Jahren Vizepräsident. "Wir waren ein gutes Team - und mir geht es darum, unsere Arbeit in diesem Sinne fortzuführen", erklärte der 60-Jährige. Ob weitere Kandidaten ins Rennen gehen, ist noch offen. Das Präsidentenamt sei ein Ehrenamt, ergänzte Schuster. "Deshalb werde ich nach wie vor primär als Arzt tätig sein. Die Brötchen kommen aus meiner Praxis - deshalb werde ich sie mit voller Kraft weiterführen."

Graumann erklärte, das Präsidentenamt sei ihm immer "absolute Herzenssache" gewesen, der er sich "stets mit großer Hingabe und Leidenschaft" gestellt habe. Der Entschluss zum Rückzug sei ihm "wirklich sehr schwer gefallen". Er sehe den Zentralrat der Juden auch weiterhin in guten Händen. Mit Josef Schuster "würde die Kontinuität im Zentralrat gesichert". Er gehe davon aus, dass die Kandidatur seines bisherigen Stellvertreters "breite Unterstützung finden wird".

Dieter Graumann wurde am 20. August 1950 als Kind polnisch-jüdischer Holocaust-Überlebender in der Nähe von Tel Aviv geboren und wuchs in Frankfurt am Main auf. Der promovierte Volkswirt ist seit 1995 Vorstandsmitglied in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Seit 2013 ist er auch Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses. In diesem Amt sowie als Zentralrats-Präsident folgte er auf Charlotte Knobloch.

Josef Schuster wurde am 20. März 1954 im israelischen Haifa als Sohn deutscher Juden geboren. Zwei Jahre später zog die Familie nach Unterfranken. Schuster studierte nach dem Abitur in Würzburg Medizin und hat seit 1988 eine eigene Praxis als Internist. 2002 wurde er Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, 2010 auch Vizepräsident des Zentralrats der Juden.