Landeskirchen rechnen mit deutlich höheren Austrittszahlen

Landeskirchen rechnen mit deutlich höheren Austrittszahlen
Mehrere evangelische Landeskirchen rechnen für 2014 mit deutlich höheren Austrittszahlen.

Hintergrund ist den Angaben zufolge die Neuregelung beim Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Nach der Erfassung des ersten Halbjahrs 2014 schätzte die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau die Zahl der Austritte auf rund 16.000, sagte Pressesprecher Volker Rahn am Montag in Darmstadt dem epd. Dies wäre ein deutlicher Anstieg nach 13.700 Austritten im Jahr 2013 und 10.200 im Jahr davor. Für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hatte Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm im Januar von rund 30.000 Austritten im vergangenen Jahr gesprochen, 2013 waren es nur 19.000.

Auch die Evangelische Kirche der Pfalz verließen 2014 deutlich mehr Mitglieder als in den Vorjahren. Der Anstieg bei den Kirchenaustrittszahlen sei "dramatisch", sagte der Pressesprecher der Landeskirche, Wolfgang Schumacher, am Montag in Speyer dem epd. Aussagekräftige Zahlen würden aber erst im Verlauf des Frühjahrs vorliegen. Hauptursache für den Mitgliederrückgang sei wohl das seit Jahresbeginn geltende neue Bankenverfahren zum Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge.

"Sparbuch-Schreck und Tebartz-Effekt"

Manche Kirchenmitglieder hätten das neue, automatisierte Einzugsverfahren offenbar fälschlicherweise als eine neue Form der Kirchensteuer betrachtet und seien daraufhin aus der Kirche ausgetreten, sagte Schumacher. "Wir können nur schwer etwas dagegen tun." Derzeit versuche die Landeskirche etwa in Gemeindebriefen darüber zu informieren. Teilweise seien Kirchenmitglieder ausgetreten, obwohl sie gar keine Kapitalertragssteuer bezahlen müssten.

Auch Rahn führte die außerordentliche Zunahme der Austritte aus der hessen-nassauischen Landeskirche in den beiden vergangenen Jahren auf Sondereffekte zurück. Im Jahr 2013 habe der evangelischen Kirche der "Tebartz-Effekt" zu schaffen gemacht, erklärte Rahn mit Blick auf die Skandale um den früheren katholischen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Im vergangenen Jahr habe der "Sparbuch-Schreck" viele Mitglieder austreten lassen. Der direkte Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge durch die Banken habe zahlreiche Mitglieder verunsichert. "Viele vermuteten eine neue Kirchensteuer, dabei wurde lediglich der Einzug automatisiert", sagte Rahn.

Den sprunghaften Anstieg der Austrittszahl in Bayern hatte Landesbischof Bedford-Strohm ebenfalls auf das seit kurzem geltende automatische Einzugsverfahren der Kirchensteuer auf Kapitalerträge zurückgeführt. Manche Kirchenmitglieder hätten die Regelung als "neue Steuer" missverstanden. Er hoffe, dass die stark gestiegene Austrittszahl ein "Einmaleffekt" gewesen sei, sagte Bedford-Strohm.