Moritz Bleibtreu: "Ich glaube nicht an die Zukunft des Fernsehens"

Foto: dpa/Caroline Seidel
Moritz Bleibtreu, hier bei der Premiere des Films "Die schwarzen Brüder".
Moritz Bleibtreu: "Ich glaube nicht an die Zukunft des Fernsehens"
Seine Bücher "Verbrechen" und "Schuld" machten den Berliner Staranwalt Ferdinand von Schirach zum Bestseller-Autor: Die auf wahren Fällen aus seiner Kanzlei basierenden Kurzgeschichten über spektakuläre Straftaten kommen bei den Lesern hervorragend an. Nachdem das ZDF vor zwei Jahren einige Storys aus dem ersten Buch verfilmte, hat sich der Mainzer Sender nun den Kurzgeschichten-Band "Schuld" zur Brust genommen. In der sechsteiligen Serie "Schuld nach Ferdinand von Schirach", die ab 20.2. immer freitags um 21.15 Uhr im ZDF läuft, spielt Filmstar Moritz Bleibtreu in seiner ersten Fernsehrolle nach vielen Jahren TV-Abstinenz den Strafverteidiger Friedrich Kronberg, der mit teilweise bizarren Fällen konfrontiert wird. Dabei geht es immer auch um grundsätzliche Fragen nach den Grenzen von Schuld, den Unterschied von Gut und Böse oder die mögliche Diskrepanz zwischen Recht und Gerechtigkeit.

Herr Bleibtreu, Sie waren viele Jahre nur im Kino und nicht im Fernsehen zu sehen, jetzt spielen Sie die Hauptrolle in einer Miniserie nach einem Buch von Ferdinand von Schirach. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

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Moritz Beibtreu: Sinneswandel würde ich nicht sagen, weil ich mir gar nicht so viel Gedanken gemacht habe, ob das jetzt Fernsehen oder Kino ist, als mir der Produzent Oliver Berben die Rolle angeboten hat. Ich hab mir die Drehbücher durchgelesen und gesehen, dass das tolle Geschichten sind, die das Leben geschrieben hat, und dann einfach Lust darauf bekommen, das zu machen. Ich habe mich jetzt aber nicht bewusst dafür entschieden, wieder ins Fernsehen zu gehen. Genauso wenig, wie ich mich vor Jahren gegen das Fernsehen entschieden hatte. Es war vielmehr eine Entscheidung fürs Kino. Ich habe mir gesagt, wenn ich es schaffe, mit Kinofilmen zu überleben, dann mache ich das.

Also hat der Schritt zurück ins Fernsehen möglicherweise auch was mit finanziellen Überlegungen zu tun?

Bleibtreu: Nein, gar nicht, das hat überhaupt keine Rolle gespielt.

Glauben Sie denn an die Zukunft des Fernsehens?

Bleibtreu: Nein, ich glaube nicht an die Zukunft des Fernsehens. Da sind durch das Internet Veränderungsprozesse im Gange, die dem Fernsehen, so wie wir es heute kennen, den Garaus machen. Sowas wie das vielgepriesene und zukunftsweisende "House of Cards" ist ja gar keine Fernsehserie, sondern eine Serie, die fürs Internet produziert wurde. So wie das Fernsehen jetzt ist, wird es keinen Bestand haben. Das ist bald vorbei.

In "Schuld" spielen Sie einen Anwalt…

Bleibtreu: Die Rolle hat mich zugegebenermaßen gar nicht so wahnsinnig gereizt. Die Figur selbst fungiert ja eher als so eine Art Conferencier, der einen durch die Handlung führt. Es ist weniger die Spannbreite der Figur, die ich interessant finde, als vielmehr die Geschichten. Die Auseinandersetzung mit der Frage, wie ein Rechtssystem funktioniert und wie wichtig es überhaupt ist – die finde ich spannend.

"Ich finde es immer besser, das Buch nicht zu lesen"

Kannten Sie das Buch von Ferdinand von Schirach, auf dem die Miniserie basiert?

Bleibtreu: Nein, ich kannte es nicht und habe es auch erst kurz vor Abschluss der Dreharbeiten gelesen. Das habe ich aber immer so gehalten, ich habe ja schon viele Romanverfilmungen gemacht und habe es immer tunlichst vermieden, die Romane zu lesen.

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Warum?

Bleibtreu: Weil die Mechanismen, die ein Film und ein Roman haben, völlig unterschiedlich sind. Man kann das überhaupt nicht miteinander vergleichen, und deshalb finde ich es immer besser, das Buch nicht zu lesen. Dann kann man sich einfach besser darauf konzentrieren, den Stoff filmisch umzusetzen.

Sechs Geschichten aus dem Buch wurden adaptiert. Welches ist Ihre Lieblingsgeschichte?

Bleibtreu: Ich fand sie alle gut, aber am besten hat mir vielleicht "Der Andere" gefallen. Da geht es um ein Paar, das sich in einem erotischen Abenteuer mit einem anderen Mann verliert und plötzlich merkt, es funktioniert nicht. Das ist für mich so eine irre Parabel auf das Leben an sich, ein toller Plot. Spannend sind aber alle sechs Storys, das kann ich den Zuschauern versprechen (lacht). Das Leben schreibt einfach die besten Geschichten, und diese hier basieren ja auf den Erlebnissen und Erfahrungen, die der Strafverteidiger Ferdinand von Schirach in seinem Berufsleben gesammelt hat. Die Wirklichkeit ist ja meist viel abgründiger, als sich das ein Autor ausdenken kann.

Es geht in den Geschichten auch um die bittere Erkenntnis, dass Strafjustiz nicht immer was mit Gerechtigkeit zu tun hat.

Bleibtreu: Es stimmt schon: Gerechtigkeit und Strafrecht sind oft zwei paar Stiefel. Aber es gibt auch keinen anderen Weg, Gerechtigkeit in einer Gesellschaft zu organisieren, als mit den Mitteln des Strafrechts.

"Die Todesstrafe lehne ich strikt und kategorisch ab"

Das Strafrecht scheint oft blind zu sein…

Bleibtreu: Klar, aber es darf auch nicht moralisieren. Wenn es anfängt zu moralisieren, sind wir ganz schnell in totalitären Strukturen. Inklusive Todesstrafe und allem, was dazugehört.

Wie stehen Sie zur Todesstrafe?

Bleibtreu: Die lehne ich strikt und kategorisch ab. Jemanden umzubringen, weil er ein Unrecht begangen hat, ist doch der hinterwäldlerischste und mittelalterlichste Gedanke, den man überhaupt haben kann. Das ist einfach schwachsinnig und furchtbar, und ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass es immer noch Länder auf der Welt gibt, wo die Todesstrafe geltendes Recht ist.

Wie wichtig ist Ihnen Gerechtigkeit?

Bleibtreu: Ich denke schon, dass ich ein gerechtigkeitsbewusster Mensch bin. Wenn ich den Eindruck habe, hier geschieht jemandem Unrecht oder er wird in eine Ecke gedrängt, dann halte ich immer erst mal zu dem Bedrängten. Wenn zehn auf einem rumhacken, bin ich immer auf der Seite von dem einen – schon aus Prinzip.