Missbrauchsopfer erhoffen von neuem Papst Öffnung der Kirchenakten

Missbrauchsopfer erhoffen von neuem Papst Öffnung der Kirchenakten
Die Missbrauchsopfergruppe "Eckiger Tisch" sieht den Rücktritt von Papst Benedikt XVI. als Chance für eine überfällige Erneuerung der katholischen Kirche. "Der erste Schritt dazu könnte die Öffnung der Kirchenakten im Vatikan zu den Missbrauchsfällen für unabhängige Untersuchungen sein", sagte Sprecher Matthias Katsch, selbst Betroffener an einer Jesuitenschule, am Dienstag in Berlin. Ein zweiter, noch größerer Schritt, wäre eine freiwillige, großzügige Entschädigung der vielen Tausend Betroffenen weltweit durch die Kirche.

Papst Benedikt habe mit dem sexuellen Missbrauch in Einrichtungen der katholischen Kirche weltweit umgehen müssen. Er habe sich sicher bemüht und die Untätigkeit seines Vorgängers beendet, räumte Katsch ein. "Aber letztlich war er nicht in der Lage, wirklich etwas an den strukturellen und doktrinären Ursachen zu ändern."

Denn Josef Ratzinger sei selbst Teil des Systems gewesen, das dieses sogenannte "zweite Verbrechen" des Verheimlichens und Vertuschens nach der eigentlichen Tat an zahllosen Opfern sexuellen Missbrauchs in seiner Kirche zu verantworten habe. "Als Erzbischof und Leiter der Glaubenskongregation hatte er Anteil daran. Als Papst hat er diese schändliche Praxis beendet", erklärte der Sprecher der Opfergruppe.

Papst Benedikt habe keine Verantwortung übernommen

Allerdings habe der Papst dies nicht freiwillig getan, sondern erst reagiert, als die Betroffenen das Schweigekartell durchbrochen hätten. "Papst Benedikt hat bei aller Betroffenheit keine Verantwortung für sein Versagen als Vorgesetzter oder als Repräsentant für seine Kirche übernommen", kritisierte Katsch. "Dies ist nun seinem Nachfolger vorbehalten." Der "Eckige Tisch" vertritt Betroffene, die an Jesuitenschulen in Deutschland Opfer von Missbrauch wurden, unter anderem am Bonner Aloisiuskolleg.