Kirchentag erinnert an streitbare Theologin Dorothee Sölle

Kirchentag erinnert an streitbare Theologin Dorothee Sölle

Der evangelische Kirchentag in Hamburg hat an die vor zehn Jahren gestorbene Theologin Dorothee Sölle (1929-2003) erinnert. "Was die Kirche dem Wirken Dorothee Sölles verdankt, ist heute längst keine Randposition mehr", sagte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, am Freitag bei einer Veranstaltung mit Zeitzeugen und Weggefährten. Ihre Themen und Anliegen seien ein Grundzug der Kirche geworden.

Die feministische Theologin und Pazifistin Sölle verband Frömmigkeit mit politischem Engagement und mystische Spiritualität mit Widerstand. Die Autorin viel gelesener Bücher und Gedichte war wegen ihrer linken Positionen in der Kirche lange Zeit umstritten und focht heftige Konflikte mit den Kirchenleitungen aus. Unter anderem kämpfte sie gegen Aufrüstung und setzte sich für Befreiungsbewegungen in Lateinamerika ein. Unablässig erinnerte sie an die deutschen Verbrechen in der NS-Zeit. Beim Kirchentag füllte sie seit 1985 die Messehallen.

Der Pfarrer und frühere DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer aus Wittenberg sagte, Sölle haben den Geist des Dogmas aus der Sprache der Theologie verbannt und eine lebendige und streitbare Sprache des Glaubens gefunden. Vor allem ihre theologisch-politische Poesie habe die kirchliche Friedensbewegung in der DDR gestärkt. "Sie half uns, das Subversive des Glaubens zu entdecken."

Er selbst sei seit 1971 von Sölles Schriften mitgeprägt worden, sagte Schorlemmer. Die frühere Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter berichtete, einige Schülerinnen und Schüler Sölles seien später in kirchenleitende Ämter aufgestiegen, so wie sie selbst: "Dorothee hatte Interesse, dass diejenigen, die von ihr gelernt haben, das weitertragen. Und das haben wir getan."

Sölle blieb zeitlebens eine theologische Professur in Deutschland verwehrt. Starken Widerhall fand sie dagegen in den USA, wo sie zwölf Jahre lang als Professorin lehrte. Die Theologin starb am 27. April 2003 an den Folgen eines Herzinfarkts, den sie in der Evangelischen Akademie Bad Boll in Baden-Württemberg erlitten hatte.