Weiterhin kontroverse Debatte um EKD-Familienpapier

Foto: epd-bild/Alexander Stein
Abschied vom Leitbild: Die herkömmliche Familie mit Mutter, Vater und Kind gilt für die evangelische Kirche nicht mehr als bestimmende Lebensform.
Weiterhin kontroverse Debatte um EKD-Familienpapier
In einem Positionspapier ruft die evangelische Kirche dazu auf, alle Familienformen anzuerkennen und zu stärken - auch homosexuelle Partnerschaften. Konservative Christen sehen darin eine Abwertung der traditionellen Ehe.

Die vom Positionspapier der evangelischen Kirche zur Familienpolitik ausgelöste Wertedebatte geht weiter. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, wies die Kritik von katholischer Seite und von konservativen Protestanten zurück. Dies sei kein Abschied vom Ideal der auf Dauer angelegten Ehe, sagte Schneider der "Stuttgarter Zeitung" (Freitag).

###mehr-artikel###Das württembergische EKD-Ratsmitglied Tabea Dölker distanzierte sich dagegen von der Orientierungshilfe. Die evangelische Kirche müsse Mut machen zu Ehe und Familie, die "unter Gottes ausdrücklichem Segen und seinem schützenden Gebot" stünden, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).

In dem am Mittwoch veröffentlichten Papier ruft die EKD dazu auf, alle Familienformen anzuerkennen und zu stärken. Aus der Bibel lasse sich zudem nicht die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau herleiten, die Jahrhunderte lang die Ehe und das Familienbild geprägt habe. Entscheidend seien vielmehr Verbindlichkeit, Dauer, Vertrauen, Gleichberechtigung und die Sorge füreinander.

Kindererziehung "unendlich wertvoll"

Dölker erklärte, mit der Akzeptanz verschiedenster Formen des Zusammenlebens zeichneten die Autoren lediglich die "oft einseitigen" öffentlichen Debatten nach, anstatt Orientierung zu geben. Darauf habe sie schon im Entstehungsprozess des Dokuments hingewiesen. Dölker äußerte zudem Unverständnis über die ablehnende Haltung des Papiers gegenüber Ehen, bei denen nur ein Partner erwerbstätig ist. Auch dies könne ein Zeichen von Verantwortlichkeit sein, außerdem sei die dadurch ermöglichte Erziehung von Kindern und die Pflege von Bedürftigen "unendlich wertvoll". Im Übrigen lebe kirchliche und gesellschaftliche Arbeit davon, dass Menschen sich ehrenamtlich engagierten. Dazu benötigten sie zeitliche und finanzielle Spielräume.

Schneider sagte der "Stuttgarter Zeitung", künftig solle nicht mehr der Status einer Beziehung zählen, sondern deren Qualität. Der "moralische erhobene Zeigefinger" gegenüber Formen des Zusammenlebens, die dem gesellschaftlichen Raster nicht entsprechen, solle verschwinden. Dieses habe Leid über Menschen gebracht. Konkret nannte Schneider die frühere Diskriminierung unehelicher Kinder.

"Wortmeldung im freiheitlichen Geist"

Auch der hannoversche Landesbischof Ralf Meister verteidigte das EKD-Positionspapier. "Es wurde höchste Zeit für eine neue Orientierungshilfe zur Familie", sagte Meister dem epd. "Das ist eine Wortmeldung im protestantisch-freiheitlichen Geist, die die Ehe keineswegs schwächt, sondern ihre zentrale Rolle im Familienbild unserer Gesellschaft stärken wird." Meister betonte: "Unsere Gesellschaft braucht verlässliche Gemeinschaften mit Menschen, die Verantwortung übernehmen". Dies sei die zentrale Forderung der Orientierungshilfe: "Dabei erkennt sie an, dass Lebensformen wie eine Patchworkfamilie oder homosexuelle Partnerschaften diese Verlässlichkeit genau so zeigen können wie eine klassische Ehe."