Anthropologin: Salafisten treten auf wie Punks

Anthropologin: Salafisten treten auf wie Punks
Salafisten sind nach den Worten der Frankfurter Anthropologin Susanne Schröter "eine neue Punkbewegung". Die am schnellsten wachsende islamische Bewegung in Deutschland, die fundamentalistisch ausgerichtet ist, nehme Erscheinungsformen säkularer Gegenkulturen an, sagte Schröter am Rand einer internationalen Konferenz über Islamismus an der Universität Frankfurt.
13.12.2013
epd
Jens Bayer-Gimm

Salafisten grenzten sich im äußeren Erscheinungsbild von der Mehrheitsgesellschaft ab und wollten in der Öffentlichkeit auffallen und schockieren.

Mit ihrem selbstbewussten Auftreten bei Koranverteil-Aktionen, missionarischen Kundgebungen oder Protesten gegen populistische Islamkritiker ziehen Salafisten nach den Worten von Schröter Muslime an, die sich benachteiligt fühlten. Die Bewegung stelle eine Reaktion auf die anstrengende Pluralität einer offenen Gesellschaft dar. Salafisten seien für junge Muslime und Konvertiten attraktiv, weil sie ein klares Weltbild böten. Sie begründeten ihre Antworten mit göttlicher und daher unhinterfragbarer Autorität.

Konvertiten gehen am häufigsten zu Salafisten

Auf diese Weise könnten sich Salafisten der anstrengenden Aufgabe entledigen, sich für Glaubens- und Lebenspraktiken rechtfertigen und zwischen verschiedenen Sinnangeboten entscheiden zu müssen. Die Gemeinschaften böten darüber hinaus Sicherheit in einer unüberschaubaren Moderne und enge Freundschaften angesichts brüchiger sozialer Strukturen. Von den traditionellen Moscheevereinen unterschieden sich die Salafisten darin, dass sie in deutscher Sprache Muslime aller Herkunft zu einer nationenumspannenden Gemeinde vereinten.

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Während sich Konvertiten nach Schröters Angaben früher einem mystischen Sufi-Islam zuwandten, gingen sie heute am häufigsten zu den Salafisten. Auch junge Muslime in der dritten Generation aus Einwandererfamilien wendeten sich den modernen Fundamentalisten zu. Diese setzten Ältere in den traditionellen Moscheegemeinden unter Druck, sich dem Salafismus zu öffnen. Anschluss biete die Forderung, sich am wörtlichen Verständnis des Korans zu orientieren, was die meisten Muslime teilten. Die Salafisten versuchten, innerhalb des Islams die Oberhand zu gewinnen.

Vor wenigen Wochen hatte sich der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, besorgt über den starken Mitgliederanstieg in der salafistischen Szene auf 5.500 in diesem Jahr geäußert. Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) hatte vor kurzem gewarnt, an hessischen Schulen würden Salafisten gezielt Schüler anwerben, um in Syrien zu kämpfen. "Salafismus" kommt aus dem Arabischen und bedeutet "die frommen Altvorderen" (as-salaf as-salih). Salafisten verstehen sich als die einzig wahre Gemeinschaft der Gläubigen.