Evangelische Kirche eröffnet Studienzentrum für "Genderfragen" in Hannover

Evangelische Kirche eröffnet Studienzentrum für "Genderfragen" in Hannover
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat am Montag ein neues Studienzentrum für Genderfragen in Kirche und Theologie in Hannover eröffnet. Es führt die Arbeit des EKD-Frauenstudien- und Bildungszentrums mit veränderten Arbeistschwerpunkten fort. Konservative Protestanten kritisierten das Zentrum.

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"Verkrustungen einer jahrtausendealten Männertheologie und Männerkirche wurden - Gott sei Dank - in den letzten 40 Jahren von Frauen schon aufgebrochen", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider. Die biblische Vision von einer "geschlechtergerechten Einheit in Christus" weiter mit konkretem Leben zu füllen, bleibe aber eine herausragende Aufgabe der Kirche. Dabei werde das neue Zentrum eine wesentliche Rolle spielen, sagte Schneider.

Die konservative Konferenz Bekennender Gemeinschaften rügte eine "bibel- und bekenntniswidrige Abkehr von der guten Schöpfungsordnung Gottes und dem christlichen Menschenbild". Die Konsequenz sei eine Abkehr von Ehe und Familie als Leitbild christlicher Lebensform, sagte der Vorsitzende, der Hamburger Ruhestandspastor Ulrich Rüß. Die "Ideologie des Genderismus" leugne, dass Gott den Menschen als Mann oder Frau geschaffen habe.

Das Frauenstudien- und bildungszentrum der EKD war 1994 im hessischen Gelnhausen errichtet worden. Der Aufbau des Zentrums für theologische und feministische Studien- und Bildungsarbeit wurde damals von massiver Kritik evangelikaler Organisationen begleitet.

Etat von rund 280.000 Euro pro Jahr

Später wurde der Arbeitsbereich Frauenstudien und Frauenbildung in das Comenius-Institut integriert, 2008 bezog das Zentrum neue Räume im nordhessischen Hofgeismar. Im vergangenen Jahr beschloss der Rat der EKD die Gründung eines Studienzentrums für Genderfragen anstelle des Frauenstudienzentrums. Das Studienzentrum mit zwei Studienleiterinnen sowie zwei halben Stellen im Sekretariat und für Kommunikation ist im Haus des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD in Hannover angesiedelt. Die EKD stellt dafür einen Etat von rund 280.000 Euro pro Jahr bereit.

Das Zentrum soll Forschungen zur Geschlechtergerechtigkeit aus verschiedenen Fachgebieten, vor allem aus der Theologie und den Sozialwissenschaften, auswerten und für die kirchliche Arbeit aufbereiten. Inhaltlich gehe es neben feministischen Perspektiven unter anderem um Rassismus-Fragen und um interreligiöse Aspekte, sagte Professorin Claudia Janssen als Studienleiterin für wissenschaftliche und biblische Theologie.

Erster Atlas zur Gleichstellung im Herbst

Die Studienleiterin für Praktische Theologie und Organisation, Simone Mantei, kündigte für den Herbst den ersten Atlas zur Gleichstellung in der evangelischen Kirche an. Er soll Auskunft geben über die Gleichstellung in den 20 deutschen Landeskirchen bis hin zu Synoden und Kirchenvorständen.

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Die Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer, verwies in einer Tischrede während des "Festmahls", auf die vielfältigen Erfolge in den Fragen der Geschlechtergerechtigkeit. "Ein noch unerfülltes Ziel bleibt indes die ausgewogene Repräsentanz beider Geschlechter in Leitungspositionen von Kirche und Diakonie", sagte sie. Um für Frauen und Männer mit modernen Lebensentwürfen attraktiv zu sein, müssten auch die Strukturen der Leitungsämter verändert werden.