Konfirmationskleider: Preisschilder unter den Sohlen

Schwarz-weiß geht immer. Aber heute tragen die Teenager zur Konfirmation auch knallige Farben.
Foto: frau.L./photocase
Schwarz-weiß geht immer. Aber heute tragen die Teenager zur Konfirmation auch knallige Farben.
Konfirmationskleider: Preisschilder unter den Sohlen
Zur Konfirmation tragen Mädchen heute Hochsteckfrisuren und Ballkleider. Ein modischer Höhepunkt war das Fest allerdings schon immer. Und die Konfirmationskleidung verrät viel über die Gesellschaft.

Die Tochter schmollt, die Mutter ist ratlos. "Können Sie mir helfen", fragt die Mutter eine Verkäuferin in einem großen Modegeschäft am Berliner Ku’damm. "Beige zur Konfirmation, geht das?" Es geht. Wie eigentlich alles. Der Trend geht allerdings in eine andere Richtung.

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Seit dem 19. Jahrhundert hat sich die Konfirmation als großes Familienfest etabliert. Die Konfirmanden trugen zuerst Festkleidung, dann setzte sich Konfirmationskleidung in Schwarz und Weiß durch. Ab 1900 wurden die ersten Konfirmandenfotos auch von ganzen Gruppen gemacht, anhand derer man sehen kann, was zur Konfirmation getragen wurde. Nur aus heutiger Sicht wirkt die Kleidung auf den alten Fotos uniformiert und streng. Tatsächlich war sie schon immer sehr modisch, sagt der Kulturwissenschaftler Kurt Dröge.

Simone Enthöfer, Landesjugendpfarrerin der Evangelischen Kirche im Rheinland, bestätigt das: "Bei Goldkonfirmationen wird immer noch über die Kleidung gesprochen. Dann sagen die alten Damen: 'Ich hatte Rüschen', oder 'Ich musste das Kleid meiner Schwester auftragen', oder: 'Ich war so stolz auf die Lackschuhe'."

Der Ausschnitt wurde tiefer gemacht

Als die Konfirmation noch ein 'rite de passage' war und die Jugendlichen im selben Jahr die Schule verließen, spiegelte sich das auch in der Kleidung wieder: Jungen bekamen ihr erstes Paar lange Hosen und den ersten Hut – als Zeichen, dass sie nun Männer waren.

Kurt Dröge

Im Gegensatz zur katholischen Kommunion, bei der die Mädchen Weiß tragen, haben sich weiße Kleider für Konfirmandinnen nicht durchgesetzt. Wahrscheinlich, weil das schwarze Konfirmationskleid umgeändert und auch zu anderen Anlässen getragen werden konnte, sagt Kurt Dröge. Zum Beispiel wurde der Ausschnitt tiefer gemacht, es wurde verziert und später auf Bällen oder Familienfesten getragen. Jahrzehntelang war Schwarz die Farbe für die Konfirmation.

Mit der 68er Bewegung änderte sich das. "Die Konfirmationskleidung wurde richtig bunt", erzählt Dröge. In den siebziger Jahren trug man helle Blusen, grüne Spencer und bunte Westen. In den neunziger Jahren wurde die Konfirmationskleidung wieder dunkler und konservativer. Zurück zum strengen Schwarz-Weiß werde es aber nicht mehr gehen, sagt Dröge.

Jugendliche sind "total modeabhängig"

Er sieht die Jugendlichen in einem Konflikt: Bei der Wahl ihrer Konfirmationskleidung stehen sie zwischen Konformität auf der einen Seite und Individualität auf der anderen. Sie wollen zur Gruppe passen und nicht auffallen und sich gleichzeitig selbst ausdrücken. "Aus der Konfirmationskleidung kann man Schlüsse über die Gesellschaft ziehen", sagt Dröge. Die Macht der Mode werde stärker und die Individualität nehme ab: "Eine breite Schicht der Jugendlichen ist total modeabhängig", sagt Dröge, "sie ziehen nur das an, was ihnen eine große Modekette vorgibt." Wenn sie älter werden, könne sich das allerdings auch wieder ändern. Teenager müssen sich modisch noch finden.

Simone Enthöfer

Zur Konfirmation 2014 sind bei den Mädchen Kleider mit Punkten beliebt, ebenso wie Spitzenkleider, heißt es in Berliner Geschäften. Schwarz und Dunkelblau dominieren, es gibt aber auch Konfirmationskleider in Beerentönen, in Crème oder eben Beige. Mädchen tragen kurze, gerade geschnittene Kleider. Lange Kleider oder solche mit Glitzer und Pailletten passen erst zu späteren Anlässen, zum Beispiel zum Abiball. Gürtel und dezenten Schmuck kann man dagegen schon zur Konfirmation tragen. Am liebsten kaufen Eltern noch ein Bolerojäckchen oder einen Blazer zum Kleid, denn nackte Schultern finden die meisten in der Kirche unpassend.

Die Konfirmationskleidung sei so klassisch, wie die Eltern es durchsetzen können, und so modisch, wie die Kinder es wollen, sagt Dröge. Noch hätten die Eltern schließlich Einfluss darauf, was ihre 14-jährigen Kinder tragen. Bei vielen Jungs ist das immer noch der erste Anzug ihres Lebens. So machen sie einen Schritt zum Erwachsensein, auch wenn sie frühestens zwei Jahre später die Schule verlassen und erst vier Jahre später volljährig werden.

Eltern wollen sich überbieten

Einheitliche Vorgaben gibt es in der Evangelischen Kirche aber nicht. "Ich würde nie etwas verbieten, aber wenn ich etwas problematisch finde, immer versuchen, mit Jugendlichen über ihre Kleidung ins Gespräch zu kommen", sagt Landesjugendpfarrerin Simone Enthöfer. Was sie unpassend findet, habe nicht allein etwas mit Gottesdienstbesuchen oder Kirche zu tun. Ein tiefes Dekolleté für junge Mädchen zum Beispiel: "Ich würde einige Jugendliche zum Beispiel fragen, ob sie durch ihre Kleidung den Blickfang auf bestimmte Zonen des Körpers reduzieren oder als gesamte Person wahrgenommen werden wollen."

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Anzüge wie Kleider sollten bequem sitzen, damit sich die Jugendlichen gut bewegen können. "Ein kleiner Tip ist, die Preisschilder unter den Schuhen abzumachen", rät Enthöfer, "das sieht die Gemeinde sonst, wenn man vor dem Altar kniet." Die Absätze der Schuhe sollten nur so hoch sein, dass Mädchen damit noch gut und bequem laufen können.

Allen Konfirmanden sagt sie: "Mir ist es wichtig, dass ihr euch wohlfühlt." Dabei sollen die Jugendlichen trotzdem bedenken, dass es sich um einen für sie selber besonderen Festtag handelt. "Ein Junge ist einmal mit Turnschuhen und Kapuzenpulli zur Konfirmation gekommen. Später hat er mir gestanden, dass er sich schrecklich unwohl gefühlt hat, weil er als einziger nicht schick angezogen war", sagt sie.

Umgekehrt sei es ebenso problematisch, wenn sich Eltern bei der Kleidung ihrer Kinder überbieten wollen. "Die Eltern sind stolz auf ihr Kind, sie wollen es der Verwandtschaft präsentieren, die von überall her anreist. Das ist auch nachvollziehbar, aber es gibt ein Zuviel. Die Jugendlichen sollten noch als sie selber erkennbar sein und sich bei aller Besonderheit des Tages nicht verkleiden müssen." Aber im besten Fall, da sind sich Dröge und Enthöfer einig, trägt festliche Kleidung die innere Haltung der Konfirmanden nach außen.