"Um die Liebe kümmert sich Gott"

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"Um die Liebe kümmert sich Gott"
Jüdische, christliche oder muslimische Paarvermittler setzen auf Singles, die mit ihrem Partner auch den Glauben teilen wollen. Dabei ist wenig erforscht, wie sich Religion und Beziehung konkret beeinflussen. Sicher ist aber: Gemeinsam Glauben schadet nicht.
10.08.2014
epd
Hanna Jochum

Jeder Topf findet seinen Deckel. Das ist eine solcher Phrasen, die Jubelpaare gern gebrauchen, um geknickten Langzeit-Singles Mut zuzusprechen - die dafür meist nur noch ein müdes Lächeln übrighaben. Dabei braucht es nur den richtigen "Handlanger", ist José Weber überzeugt, "um die Liebe kümmert sich Gott." Für den 66-Jährigen gehört Religion untrennbar zur Partnersuche dazu. Er ist nach eigener Aussage der einzige jüdische Heiratsvermittler in Deutschland.

In seinem kleinen "Cockpit" in der Frankfurter Innenstadt bringt er beziehungssuchende Juden aus der ganzen Welt via Videotelefonie zusammen, vom Berliner Ex-Gigolo bis zur slawischen Klatschreporterin. Da wäre beispielsweise der Pariser Stéphan. In Marina aus Sibirien fand er die Frau seines Lebens, wie Weber erzählt. "Ein Vorschlag und schon hat es gefunkt, so schnell kann es gehen", sagt der stolze Vermittler.

Koscheres Essen und ähnliche gemeinsame Traditionen erleichtern den Alltag

Seine Kunden sehnen sich nicht nur nach einem Lebens-, sondern auch nach einem Glaubensgefährten. Doch in den oft kleinen jüdischen Gemeinden sei es manchmal "schier unmöglich", einen passenden Partner zu finden, sagt Weber. "Es gibt ja nur 15 Millionen Juden weltweit. Wenn wir uns assimilieren, verschwindet das Volk", begründet er den Wunsch vieler Juden, einen Glaubensgenossen zu heiraten.

"Doch jüdisch ist nicht gleich jüdisch, sondern die Person muss auch menschlich zu mir passen", sagt der gelernte Vermögensberater. Zudem seien Punkte wie Identifikation und Tradition ebenso wichtig für eine Ehe wie tägliche Rituale, und die fingen schon beim koscheren Essen an.

Der jüdische Heiratsvermittler José Weber im Büro seiner Heiratsbörse in Frankfurt am Main. Seine Kunden sehnen sich nicht nur nach einem Lebens-, sondern auch nach einem Glaubensgefährten.

Mit seiner Ansicht ist Weber nicht allein. "Gleich und gleich gesellt sich gern", sagt Psychologe Jochen Gebauer von der Humboldt-Universität in Berlin. Zusammen mit Kollegen der University of Southampton und einer Partneragentur hat er erforscht, wie sich Religiosität auf unser Wohlbefinden auswirkt. Das Ergebnis: Glaube macht glücklich. Zumindest dort, wo Religion gesellschaftlich anerkannt ist.

Wie sich Religion und Partnerschaft konkret beeinflussen, ist wenig erforscht. Gebauer geht aber davon aus, dass Glaube ein wichtiges "Matching-Kriterium" für Paare ist - insbesondere, wenn er innerhalb der Gesellschaft oder der sozialen Bezugsgruppe eine große Rolle spiele. "Menschen mit gleichen Einstellungen sind in Beziehungen prinzipiell zufriedener", erläutert der Wissenschaftler. Religion könne dafür einen Rahmen bieten.

Gemeinsames beten macht die Beziehung "stabiler, glücklicher und kinderreicher"

"Wir erleben aber natürlich auch viele Paare, die mit unterschiedlichen Konfessionen glücklich zusammenleben", sagt Jeannette Ersoy vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften. "Ganz wichtig ist das Gespräch: Man muss wahrnehmen, welchen Stellenwert die Religion für den anderen hat und mögliche Konfliktpunkte besprechen."

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Der Jenaer Religionswissenschaftler Michael Blume geht noch einen Schritt weiter als Psychologe Gebauer. Er stellt die These auf, Partnerschaften seien durchschnittlich stabiler, glücklicher und kinderreicher, wenn sie durch gemeinsame religiöse Praktiken wie Gebete verbunden seien. "Ohne Gott können Menschen individuell genauso glücklich und moralisch sein, aber es fehlt die Motivation, um ausreichend Gemeinschaften und große Familien zu stiften", meint Blume.

Diese These ist auch ein Leitgedanke der Partnerbörse "Christ-sucht-Christ.de", wie Gründer Benedict Schmid bestätigt. Der Glaube stelle das Fundament der eigenen Existenz dar, sagt er. Den Mitgliedern sei es wichtig, diesen mit dem Partner teilen zu können. "Man muss auch nicht unbedingt getauft sein, es reicht, wenn der Nutzer an Jesus und an die Bibel glaubt."

Spezielle Fragen sollen religiöse Überzeugungen prüfen

Samer Fahed bringt dieses Prinzip religiöser Partnervermittlungen auf den Punkt: "Es geht um eine gemeinsame Wertebasis", sagt der Münchner, der eine muslimische Dating-Plattform betreibt. Natürlich solle niemand aufgrund seiner Konfession von der Partnersuche ausgeschlossen werden. Dennoch: "Überkonfessionelle Beziehungen bringen in der Praxis immer wieder Probleme, etwa bei der Kindererziehung", ist er überzeugt. Da blieben Muslime lieber unter sich, glaubt Fahed.

Um seinen mittlerweile 20.000 Kunden eine gemeinsame Wertebasis zusichern zu können, untermauern drei Fragen die religiöse Ernsthaftigkeit der Heiratswilligen: "Wer ist dein Gott? Was ist deine Religion? Wer ist dein Prophet?" In der Moschee sei es unmöglich, jemanden anzusprechen, sagt Fahed. "Alleinsein ist ein Tabu-Thema. Man ist einfach verheiratet oder nicht."

Auch José Weber sieht sich als Retter einsamer Seelen. Schließlich klebe sich kein stolzer Jude ein Schild mit der Aufschrift auf die Brust: "Ich bin allein", meint er. In knapp 20 Jahren habe er 272 Ehen gestiftet. Aktuell befinden sich 1.500 heiratswillige Personen in seiner Kartei, keinesfalls nur schlechte Partien, wie der Heiratsvermittler betont: "Bei mir ist jeder schön."