Human Rights Watch wirft Staaten Versagen in Syrien vor

Human Rights Watch wirft Staaten Versagen in Syrien vor
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat der internationalen Gemeinschaft angesichts des Bürgerkriegs in Syrien Versagen vorgeworfen. Es sei zu wenig getan worden, um die Gräueltaten in Syrien zu beenden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sagte der geschäftsführende Direktor der Organisation, Kenneth Roth, bei der Vorstellung des World Report 2014 am Dienstag in Berlin.

Er sehe durch das zögerliche Handeln der Staaten das Konzept der Schutzverantwortung unter Druck, sagte Roth. Gleichwohl habe dieses Konzept in anderen Konflikten funktioniert, ergänzte der Menschenrechtsexperte. Er verwies dabei auf die Konflikte in der Zentralafrikanischen Republik und im Südsudan. Die Afrikanische Union und der UN-Sicherheitsrat hätten dort schnell reagiert und Friedenstruppen entsandt, sagte Roth.

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Er forderte die Staaten auf, mehr Druck auf Syrien auszuüben, um den seit 2011 andauernden Bürgerkrieg zu beenden. Roth verwies dabei auch auf jüngste Veröffentlichungen über systematische Folter und Töten in syrischen Gefängnissen. Es kursierten "Horrorgeschichten", sagte Roth.

Der World Report 2014 gibt auf 667 Seiten Überblick über die Menschenrechtslage in 90 Staaten. Sorgen bereitet Human Rights Watch der nach ihren Angaben zunehmende Druck auf Minderheiten in vielen Staaten. Viele Regierungen, die nur vortäuschten demokratisch zu sein, hätten im vergangenen Jahr das Mehrheitsprinzip missbraucht, kritisierte Roth.

Er verwies auf die Unterdrückung von Minderheiten in Ägypten erst unter der Muslimbruderschaft, dann unter dem Militär. Als Beispiele nannte er zudem die Gewalt gegen Demonstranten bei den Gezi-Park-Demonstrationen in der Türkei, bei den Protesten der Opposition in der Ukraine und den Druck auf Kritiker in Russland.

Rassismus und Homophobie auch in Europa

Auch auf kultureller Ebene werde das Mehrheitsprinzip missbraucht, sagte Roth. Er nannte die Beschneidung von Frauenrechten in Saudi-Arabien und Afghanistan sowie den Druck auf Homosexuelle in Uganda und Russland. Politiker argumentierten in diesen Fällen häufig mit einer "dominanten oder traditionellen Kultur", warnte Roth.

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Roth kritisierte US-Präsident Barack Obama für die aus den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden bekannt gewordenen Menschenrechtsverletzungen im Anti-Terror-Kampf. Er beklagte zudem den Umgang der Staaten mit Snowden und dessen Veröffentlichungen über die Ausspäh-Praktiken der NSA. Es sei beunruhigend, das Staaten, die sich an Menschenrechte hielten, so wenig Bereitschaft zeigten, Snowden Unterschlupf zu gewähren, sagte Roth. Die Enthüllungen könnten dazu führen, dass andere Regierungen den Verbleib von Nutzerdaten im eigenen Land erzwängen. "Das Potenzial für mehr Internetzensur nimmt so zu", sagte Roth.

Auch in der Europäischen Union besteht nach Ansicht von Human Rights Watch Handlungsbedarf beim Schutz von Menschenrechten. Rassismus und Homophobie blieben weit verbreitet. Roma, Migranten und Asylsuchende würden besonders stark ausgegrenzt. Dabei kritisierte die Organisation, dass die EU nach dem Schiffsunglück vor Lampedusa, bei dem mehr als 300 Flüchtlinge ums Leben kamen, vor allem mit neuen Überwachungs- und Abwehrmaßnahmen reagiert habe. Human Rights Watch sieht zudem eine Diskriminierung von Muslimen in der EU, "auch wenn es um die Religionsfreiheit geht".