Wehrbeauftragter: Soldaten sind überlastet

Wehrbeauftragter: Soldaten sind überlastet
Selten war die Stimmung in der deutschen Truppe so schlecht wie zurzeit. Nach Ansicht des Wehrbeauftragten arbeiten die Soldaten "am Limit". Die Politik müsse dringend Reformen voranbringen.

Auslandseinsätze, Personalmangel und schlechte Ausstattung sorgen für Unmut in der Bundeswehr. "In vielen Bereichen ist die Grenze der Belastbarkeit erreicht, vielfach sogar überschritten", sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP), am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung seines Jahresberichtes. Demnach hat die Zahl der Beschwerden von Soldaten einen neuen Rekordstand erreicht. Für große Verunsicherung in der Truppe sorgten auch die Pläne der neuen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Einsätze in Afrika auszuweiten, erklärte Königshaus.

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Insgesamt arbeiten etwa 184.000 Männer und Frauen für die Bundeswehr. Das sind rund 13.000 weniger als 2012. Trotz reduziertem Personal ist die Zahl der Beschwerden um über 20 Prozent gestiegen. Auf tausend Soldaten kamen rund 28 Beschwerden.

Der Einsatz in Afghanistan ist noch nicht beendet

2013 bezeichnete Königshaus als "Jahr des Umbruchs" für die Bundeswehr. Aufgrund der Reform der Bundeswehr seien die Soldaten zunehmend verunsichert, was ihre zukünftige Position oder ihren Arbeitsort betrifft. Trotz erheblicher Reduzierung des Personals hätten neue Einsätze bewältigt werden müssen.

Mit Blick auf den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan Ende 2014 sagte Königshaus: "Dieser Einsatz kann nicht als abgeschlossen betrachtet werden." Der Wehrbeauftragte verwies in diesem Zusammenhang auf eine immer noch bedrohliche Sicherheitslage am Hindukusch. Die Ausrüstung sei in den vergangenen Monaten zwar deutlich verbessert worden, allerdings ging dies zulasten der Stützpunkte in Deutschland.

Besorgt zeigte sich der Wehrbeauftragte über Meldungen über sexuelle Übergriffe auf Frauen in der Bundeswehr. In weiten Teilen der Armee gebe es Vorbehalte gegenüber Soldatinnen. Dieses Problem müsse angegangen werden. Königshaus bezog sich dabei auch auf die erst in der vergangenen Woche veröffentlichen Ergebnisse einer Studie über Frauen in der Bundeswehr. Demnach haben viele Soldatinnen Übergriffe aus Angst vor Konsequenzen nicht gemeldet.

Zweifel an den Plänen zum Einsatz in Mali

Der Wehrbeauftragte begrüßte den Vorstoß von Bundesverteidigungsministerin von der Leyen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Bundeswehr zu verbessern. "Der Dienst muss so gestaltet werden, dass er dennoch ein befriedigendes Familienleben zulässt." Von der Leyens Pläne seien bei den Soldaten gut angekommen. Nun müssten Taten folgen.

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Was mögliche weitere Einsätze in Afrika angeht, zeigte sich Königshaus jedoch skeptisch. Deutschland habe eine Verantwortung in der Welt, aber man müsse realistisch einschätzen, was die Bundeswehr leisten könne. Er wünsche sich eine "intensive Erörterung der Lage", bevor internationale Zugeständnisse gemacht würden. Von der Leyen hatte angekündigt, die deutsche Truppe in Mali aufzustocken. Zudem ist der Ministerin zufolge Unterstützung bei Lufttransporten in der Zentralafrikanischen Republik möglich.

Kritisch äußerte sich auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands, André Wüstner. Wer mehr Verantwortung in der Welt übernehmen wolle, müsse zuerst unter Beweis stellen, dass er verantwortlich gegenüber den Menschen der Bundeswehr agiere, erklärte Wüstner. Der Verteidigungshaushalt müsse angepasst werden, um Betreuung, Fürsorge, Ausrüstung und Betriebskosten finanzieren zu können. Ein verstärktes Engagement in Afrika gebe es nicht zum Nulltarif.