Neuer Missbrauchsvorwurf: Landrat widerspricht Odenwaldschule

Neuer Missbrauchsvorwurf: Landrat widerspricht Odenwaldschule
Der neue Vorwurf sexueller Übergriffe an der Odenwaldschule nimmt eine skurrile Wendung: Der Bergsträßer Landrat Matthias Wilkes (CDU) hat am Sonntag der Schule widersprüchliche Angaben vorgeworfen.

Das Dementi der Schule am Samstag passe nicht zu ihrer Mitteilung an den Landkreis vom Freitag, sagte Wilkes am Sonntag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Internat in Heppenheim hatte nach Aussage von Wilkes den Landkreis am Freitag über neue Vorwürfe informiert. Demnach hätten Schüler gemeldet, dass ein Kinderarzt sie ohne Notwendigkeit aufgefordert habe, sich vollständig nackt auszuziehen, und sie in übertriebener Weise abgetastet habe.

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Ähnliche Vorwürfe hätten Schüler der Mitteilung zufolge bereits vor zwei Jahren erhoben. Wilkes äußerte sich bestürzt darüber, dass die Behörden nicht früher über die Vorwürfe informiert wurden. Auch vor zwei Jahren sei den Behörden nichts gemeldet worden. Die Schule widerspreche anscheinend ihren eigenen Mitteilungen, sagte Wilkes. Das Internat sei nicht für das Verhalten eines Kinderarztes verantwortlich zu machen, sagte er. Jedoch stelle sich die Frage, wie die Schule damit umgehe. "Ich habe den Eindruck, dass die Transparenz nicht stimmt."

Die Odenwaldschule hatte am Samstag die Vorwürfe gegen den Kinderarzt zurückgewiesen. "Aus den Meldungen einen Vorwurf gegen den Arzt abzuleiten, ist unverantwortlich", sagte die Internatsleiterin Juliana Volkmar in einer Pressemitteilung. Die Zusammenarbeit mit dem Arzt sei gemeinsam mit einer Krankenschwester immer in der gebotenen Distanz erfolgt. Der niedergelassene Arzt bietet nach Auskunft des Landrats seit mehreren Jahren zweimal wöchentlich Untersuchungen an der Schule an.

An der Odenwaldschule waren zwischen 1965 und 1998 mindestens 115 Jungen und 17 Mädchen von Lehrern und Mitschülern sexuell missbraucht worden. Die Verbrechen wurden erst im Frühjahr 2010 nachhaltig aufgedeckt. Das Internat versprach Veränderungen, um Übergriffe künftig zu verhindern. In diesen Wochen beginnen unabhängige Wissenschaftler aus München und Rostock mit Untersuchungen, wie es zur Häufung der Fälle an der reformpädagogischen Schule kommen konnte.