TV-Tipp: "Kommissar Dupin: Bretonischer Ruhm"

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28. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Kommissar Dupin: Bretonischer Ruhm"
Das ist ja fast wie in einer Pilcher-Verfilmung: eindrucksvolle Schlösser, die hier allerdings Château heißen, weil’s nicht Cornwall, sondern die Bretagne ist.

Zwei Familien mit ellenlangem Stammbaum, die einander in inniger Feindschaft zugetan sind; Kameraflüge über bezaubernde Landschaften; und mittendrin ein Ehepaar, das seine Hochzeitsreise genießen möchte. Mit der sehr elegant fotografierten zwölften Episode feiern die immerhin in über fünfzig Länder verkauften und selbst in Frankreich außerordentlich erfolgreichen Verfilmungen der "Kommissar Dupin"-Romane von Jean-Luc Bannelec ihr Zehnjähriges. Zur Belohnung schickt Eckhard Vollmar den Titelhelden (Pasquale Aleardi) und seine frisch angetraute Claire (Christina Hecke) in die Flitterwochen, doch die romantische Stimmung währt wie zu erwarten nicht lange: Macht ein Ermittler Urlaub, stolpert er unvermeidlich über eine Leiche. Das Opfer ist Brian, der Ehemann von Claires Studienfreundin Cécile Katell (Birte Hanusrichter), er liegt mit Genickbruch im Keller, und weil die Witwe nun anders als im Fall einer Scheidung Besitzerin nicht nur des Anwesens, sondern auch eines riesigen Weinguts ist, gilt sie prompt als tatverdächtig; deshalb bittet Claire ihren Gatten, den Honeymoon zu verschieben, um Cécile aus der Bredouille zu helfen.

Vermutlich gibt es unter den Dupin-Fans ebenso wie unter den Freundinnen der Pilcher-Verfilmungen im ZDF Viele, die in erster Linie wegen der schönen Bilder einschalten. Mitunter hat es den Anschein, als habe Holger Haase seinen zweiten Beitrag für die Reihe vor allem in ihrem Sinne inszeniert. Natürlich steht die Mördersuche im Mittelpunkt, doch zwischendurch geht es des Öfteren um Freundschaft, Beziehung und entsprechend viel Gefühl. Der offenbar notorisch treulose Verblichene hatte nicht nur ein Verhältnis mit seiner Assistentin Emily (Luisa Binger), sie erwartet auch ein Kind von ihm. Alsbald zeigt sich, dass nicht Zuneigung, sondern pure Berechnung ihr Antrieb war: Da die Katells keine Kinder haben, stünde dem Baby ein Großteil des Erbes zu, weshalb Emilys Freund Alain (Josef Heynert) rasch wieder besänftigt ist, als sie ihn über Affäre und Nachwuchs informiert; Geld heilt viele Wunden. Ein handfestes Motiv hätte auch der auf Anhieb unsympathische Nachbar (Max Volkert Martens) und sein zwar etwas subtiler vorgehender, aber nicht minder skrupelloser Sohn (Florian Anderer): Die beiden wollen unbedingt das Katellsche Weingut übernehmen und drohen der Witwe an, sie erpresserisch in den Ruin zu treiben. Der einzige, der den Tod des Schlossherrn wirklich bedauert, ist Jules (Jürgen Heinrich), die gute Seele des Betriebs; seine Familie dient den Katells schon seit mehreren Generationen. 

Haase und Kameramann Tobias Schmidt haben wie schon bei ihrer gemeinsam gedrehten letzten "Dupin"-Episode ("Bretonische Nächte", 2023) für viel Augenfutter gesorgt, zumal der Herrensitz – als Schauplatz fungierte das im frühen 13. Jahrhundert errichtete Château de Kériolet bei Concarneau – in all’ seiner Imposanz perfekt zur Geltung kommt. Selbstredend verbirgt ein derart altes Gemäuer auch Geheimnisse: Brian wollte das Anwesen in ein Erlebnishotel umwandeln, der Keller sollte zur Saunalandschaft werden; Emilys Freund ist Architekt, er hat die Pläne für den Umbau entworfen. Als Cécile seine Unterlagen mit dem Grundriss vergleicht, entdeckt sie einen Bereich, von dessen Existenz sie nichts wusste, und endlich wird es ein bisschen spannend, zumal die Leiche ihres Mannes in unmittelbarer Nähe lag. Weil sein Tod womöglich mit dem sorgsam kaschierten Raum zusammenhängt, lässt sich Cécile vorsichtshalber von Claire begleiten, doch die Freude der Frauen über den spektakulären Fund in dem Versteck währt nicht lange: Jemand wirft hinter ihnen die Tür ins Schloss, und wie zu erwarten gibt es in der unterirdischen Kammer, die nun zum Verlies wird, keinen Empfang. 

Von dieser Szene und einigen wenigen sympathischen Inszenierungseinfällen abgesehen ist "Bretonischer Ruhm" nicht weiter aufregend; wer den Schlossherrn auf dem Gewissen hat, ist ohnehin früh zu erahnen. Die kleinen Geplänkel zwischen Dupin und seinem von der schweren Verletzung aus dem letzten Fall wieder weitgehend genesenen Kadeg (Jan Georg Schütte) sind amüsant wie stets, aber nicht alle Ensemblemitglieder haben das Format und die Ausstrahlung von Pasquale Aleardi. Ihre Darbietungen legen zudem die Vermutung nahe, sie seien nur dabei, weil sie die allerdings in der Tat sehr malerische Region Muscadet kennenlernen wollten.