TV-Tipp des Tages: "Polizeiruf 110: Smoke on the Water" (ARD)

iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Polizeiruf 110: Smoke on the Water" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Polizeiruf 110: Smoke on the Water", 19. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten
Hanns von Meuffels verdächtigt einen Musiker, im eifersüchtigen Affekt eine Journalistin erschlagen zu haben. Tatsächlich gesteht der Mann den Mord, aber von Meuffels traut der Sache nicht.

Um die einsame Klasse von Dominik Graf zu skizzieren, genügt die Zahl zehn: So oft ist der Regisseur mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden. Gerade die Krimis des Müncheners gehören zum Besten, was das deutsche Fernsehen hervorgebracht hat, auch wenn ihm große Publikumserfolge zuletzt verwehrt blieben; die Serie "Im Angesicht des Verbrechens" zum Beispiel hat alle wichtigen TV-Preise bekommen, war aber unter Quotenaspekten ein Misserfolg. Auch sein jüngster Beitrag zur ARD-Reihe "Polizeiruf 110" dürfte in dieser Hinsicht kaum in "Tatort"-Regionen vorstoßen. Vermutlich werden schon die ersten Szenen, die einen Saxophonisten beim Free Jazz zeigen, diverse Zuschauer in die Flucht schlagen. Der musikalische Einstieg gibt die Tonlage vor, an der sich der Film fortan orientiert, selbst wenn die Geschichte zunächst wie ein normaler Krimi wirkt: Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) verdächtigt den Musiker (Marek Harloff), im eifersüchtigen Affekt eine Journalistin erschlagen zu haben. Tatsächlich gesteht der Mann den Mord, aber von Meuffels traut der Sache nicht. Er findet raus, dass der Saxophonist zum Zeitpunkt der Tat im Englischen Garten gesehen worden ist. Also vermutet der Kommissar, dass der Mord mit einer Recherche der Journalistin zu tun haben müsse. Die Spur führt ihn nach Caldenbach, einen Ort, der den selben Namen trägt wie eine ansässige Adelsfamilie. Deren Oberhaupt, ein ehrgeiziger junger Politiker, hat einst das gleiche Elite-Internat besucht wie von Meuffels, und selbstredend setzt Joachim von Caldenbach (Ken Duken) auf die Solidarität unter Adeligen; er kann ja nicht ahnen, dass dem Kommissar die ganze blaublütige Mischpoke höchst suspekt ist.

Größere Dimensionen

Bis hierhin ist die Handlung überschaubar, zumal eine Rückblende ziemlich genau in der Mitte des Films die Identität des Täters offenbart. Aber dann wird es kompliziert, denn der Fall nimmt ungleich größere Dimensionen an; es geht um Satelliten-Leitsysteme für die Rüstungsindustrie und zweckentfremdete EU-Gelder, Öko-Terroristen kommen ins Spiel, maskierte Polizisten verbreiten Angst und Schrecken. Klassische Krimispannung gibt es im Grunde erst in den letzten 15 Minuten, als von Meuffels und die Familie von Caldenbach zu Geiseln werden und der Film eine fast schon unbehagliche Intensität erreicht, sodass er, wenn überhaupt, nur noch so gerade eben die Jugendschutzbestimmungen erfüllt.

Das Drehbuch stammt von Günther Schütter, der seit dem großartigem Polizeifilm "Die Sieger" (1994) immer wieder mit Dominik Graf zusammenarbeitet. Die beiden haben für einige herausragende Werke gesorgt ("Tatort: Frau Bu lacht", "Der Skorpion", "Polizeiruf 110: Der scharlachrote Engel"); der erste Auftritt von Hanns von Meuffels ("Cassandras Warnung") stammt ebenfalls von ihnen. Auch "Smoke on the Water" ist ohne Frage ein ungewöhnlicher Krimi, aber zwischendurch verliert man leicht die Orientierung, zumal der Film offenkundig nicht gefällig sein will; die Musik zum Beispiel (Sven Rossenbach und Florian van Volxem) ist immer wieder eher eine Kombination von Geräuschen als eine harmonische Klangfolge. Andererseits gibt es einige erfrischend skurrile Momente, die einfach Spaß machen, etwa, als der Kommissar bei seiner Suche nach Zeugen im Park plötzlich von lauter nackten Sonnensuchern umgeben ist. Ausgesprochen sehenswert sind auch die Szenen mit der Lebensgefährtin der Journalistin: Nachdem sie sich gegenseitig ihre diversen "Kriegsverletzungen" gezeigt haben, akzeptiert von Meuffels, dass ihn die Frau (Judith Bohle) bei den Ermittlungen unterstützt.

Zwar ist "Smoke on the Water" selbst in den eher undurchsichtigen Passagen schon allein wegen der Kombination Brandt/Duken sehenswert, aber wer angesichts des Titels, der sich natürlich auf den Klassiker von Deep Purple bezieht, einen Hardrock-Krimi erwartet, wird enttäuscht sein.