Juden und Muslime begrüßen neues Beschneidungs-Gesetz

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Juden und Muslime begrüßen neues Beschneidungs-Gesetz
Die von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geplante Erlaubnis der Beschneidung unter bestimmten Voraussetzungen ist am Mittwoch weitgehend auf Zustimmung gestoßen. Die vorgelegten Eckpunkte seien eine "vernünftige und gute Arbeitsgrundlage", sagte der Generalsekretär des Zentralrates der Juden, Stefan Kramer, der "Frankfurter Rundschau" (Mittwochsausgabe). Auch muslimische Verbände begrüßten das Papier.

Nach den am Dienstag an Länder und Verbände verschickten Eckpunkte, die dem epd vorliegen, soll die Beschneidung minderjähriger Jungen im Sorgerecht erlaubt werden. Dabei soll vorgeschrieben werden, Beschneidungen fachgerecht, möglichst schonend und mit einer möglichst effektiven Schmerzbehandlung vorzunehmen. Zudem sollen Kindeswohl und Kindeswille berücksichtigt werden.

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Es sei positiv zu bewerten, dass die Bundesregierung Rechtssicherheit schaffen wolle, erklärte der Koordinationsrat der Muslime am Mittwoch in Köln. Die Generalsekretärin des Zentralrates der Muslime, Nurhan Soykan, erklärte indes, die Anknüpfung an den Kindeswohlvorbehalt werde sicherlich noch einer Konkretisierung bedürfen. Kritisch sei auch die Regelung zu prüfen, dass Eingriffe bei Kindern bis zum Alter von sechs Monaten nicht der Arztpflicht unterliegen sollten, Eingriffe bei älteren Kindern aber schon. "Diese Abstufung gilt es unter dem Aspekt der Gleichbehandlung zu erörtern", sagte Soykan.

Juden dürfen weiterhin zum Mohel gehen

In den ersten sechs Monaten im Leben eines Säuglings soll der Eingriff auch möglich sein, wenn er nicht vom Arzt, sondern religiösen Beschneidern vorgenommen wird. Sie müssten dafür eine "dem Arzt vergleichbare Befähigung" aufweisen, heißt es in den Eckpunkten. Damit könnte bei Juden, die nach der Tradition am achten Tag nach der Geburt beschnitten werden, weiterhin ein Mohel die Beschneidung vornehmen. Bei Muslimen werden Jungen in der Regel erst später im Grundschulalter beschnitten.

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Auch der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig begrüßte die Eckpunkte. "Dieser Entwurf berücksichtigt alle religiösen Interessen, ohne dabei im Wortlaut auf Religion abzustellen", sagte der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem epd. Der Gesetzgeber tue gut daran, die Entscheidung für oder gegen eine Beschneidung den Eltern zu überlassen.

Auch der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, zeigte sich mit den Eckpunkten einverstanden. Wenn Kinder aber ein Veto gegen die Beschneidung einlegten, "dann sollte das Veto auch gelten", sagte er im Deutschlandradio.

Gegner der Beschneidung starteten eine Bundestagspetition

Grundsätzliche Zustimmung kam auch von der SPD-Bundestagsfraktion. Die kirchenpolitische Sprecherin Kerstin Griese sagte, es sei "richtig und zielführend" eine Regelung im Kindschaftsrecht zu finden. Im Detail wünsche sie sich aber noch Klärung, beispielsweise bei der Frage, was die verlangte Befähigung eines religiösen Beschneiders ausmacht.

Seit einem Urteil des Kölner Landgerichts, das die bei Juden und Muslimen praktizierte religiöse Beschneidung als Körperverletzung gewertet hatte, herrscht bei den Religionsgemeinschaften Rechtsunsicherheit. Der Bundestag hatte die Bundesregierung aufgefordert, bis zum Herbst einen Vorschlag für ein Gesetz zur Erlaubnis der Praxis vorzulegen.

Zu den Gegnern der Beschneidung in Deutschland zählen die Deutsche Kinderhilfe, Bund Deutscher Kriminalbeamter und der Verband der Kinder- und Jugendärzte, der am Mittwoch seine Haltung bekräftigte. Die Verbände haben gemeinsam eine Bundestagspetition gegen das Gesetzesvorhaben gestartet. Bis Mittwochnachmittag wurde sie von knapp 3.300 Mitzeichnern unterstützt.