TV-Tipp: "Vorübergehend glücklich: Opimaral"

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22. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Vorübergehend glücklich: Opimaral"
Da glaubt man nun, mit vierzig Jahren endlich seinen Platz im Leben gefunden zu habe, und siehe da: Man sitzt zwischen allen Stühlen. Mit dieser ernüchternden Feststellung endet der zweite Film mit Franziska Machens als Pharmareferentin, deren Dasein sich auch mit der Redewendung "zwischen Baum und Borke" charakterisieren ließe.

Wenn sie hier ist, also in Köln, wo sie für einen der größten deutschen Pharmakonzerne arbeitet, müsste sie eigentlich in Münsterland bei ihrem Vater sein; aber wenn sie dort ist, gehen ihr die Beengtheit der Provinz und die Sturheit der Westfalen alsbald auf die Nerven.

Ähnlich hin und her gerissen ist sie auch in der Liebe: Ehemann Lars (Camill Jammal) ist ein netter Kerl, aber auch ein bisschen langweilig, während ihr in Vredenhorst ständig interessante Kerle über den Weg laufen, die schon in jungen Jahren in sie verknallt waren. 

Wer der alten Heimat irgendwann den Rücken gekehrt hat und sich nun um die alten Eltern kümmern will, kennt das Phänomen: Kaum wieder da, fallen alle Beteiligten in die lange erprobten Rollenmuster zurück, weshalb die Jungen so schnell wie möglich wieder weg wollen. Im zweiten Vredenhorst-Film, dem der WDR und die ARD-Tochter Degeto hoffentlich noch weitere folgen lassen, wiederholen sich einige Motive des ersten (das Drehbuch stammt erneut von Thorben Hecht und Anneke Jansen). Es geht immer noch um das neue Alzheimer-Medikament Opimaral, mit dem Sonja Stellbrinks Arbeitgeber Avartis einen Haufen Geld verdienen könnte, wenn da nicht die ernüchternden ersten Ergebnisse wären.

Als eine zweite Testreihe plötzlich zu den gewünschten Resultaten führte, witterte Sonja Manipulation und wurde prompt beurlaubt. Ihrem Vater (Rainer Bock) kam das gerade recht, ihm wäre es ohnehin viel lieber, wenn die Tochter seine Apotheke übernehmen könnte. Als er einen Herzinfarkt hat, springt Sonja ein, aber ausgerechnet jetzt hat sie sich mit ihrem Chef bei Avartis geeinigt.

Auch wenn die Fortsetzung inhaltlich nicht viel Neues zu bieten hat: Die Dialoge sind ein großes Vergnügen und die Umsetzung durch Christine Rogall wieder äußerst erfrischend. Rundum sehenswert ist auch das Ensemble, aus dem Franziska Machens trotzdem konkurrenzlos herausragt. Als Ensemblemitglied des Deutschen Theaters Berlin ist die Zeit, die sie für Dreharbeiten erübrigen kann, vermutlich überschaubar, was sehr bedauerlich ist. Aber auch viele der weiteren Mitwirkenden machen viel Freude, allen voran Camill Jammall als braver Buchhalter und Antonia Breidenbach als freche Kollegin Polina, die nicht auf "Männer-Männer" steht, deshalb großen Gefallen an der Durchschnittlichkeit von Sonjas Gatten findet und ihn unverhohlen anbaggert.

Sehr sympathisch ist auch Hendrik Heutmann, der sonst gern als Schurke besetzt wird: Sonjas Bruder trauert selbst zwanzig Jahre nach einer schweren Knieverletzung um seine nie begonnene Karriere als Fußballprofi und hat seither abgesehen von einem Sohn und einer Tochter nicht allzu viel zustande gebracht, was ihn Vater und Ehefrau (Sarina Radomski) ständig spüren lassen. Die Geschwisterszenen sind dafür umso inniger. "Wer hier bleibt", erklärt Sonja ihm, warum eine Rückkehr nach Vredenhorst für sie ausgeschlossen ist, "hat nur nichts riskiert. Wer aber weggeht und wiederkommt, hat verloren."

Die Idee zu "Vorübergehend glücklich" hatten der für Serien wie "Stromberg" und "Dr. Psycho" mehrfach ausgezeichnete Autor Ralf Husmann, der die Filme auch produziert hat, sowie seine Kollegin Kristin Schade. Ihre Basis und vor allem die Figuren, die sie sowie Hecht und Jansen geschaffen haben, bergen das Potenzial für viele Fortsetzungen, zumal diesmal neue Figuren mit jeweils eigenen Geschichten eingeführt werden und andere in den Vordergrund treten. Zur ersten Gruppe gehört Feuerwehrchef Alex (Leon Ullrich), der Sonja von seinen Panikattacken vor jedem Einsatz erzählt, und bei Avartis spielt nun eine von Polina als "schwarzes Brett der Firma" bezeichnete Kollegin eine größere Rolle: Frau Schäfer (Angelika Richter) hat zwar ein Diskretionsproblem, setzt aber ein überraschendes Zeichen der Solidarität.

Ob es weitere Filme geben wird, ist noch offen. Der WDR teilt dazu mit: "Über eine mögliche Weiterentwicklung in Abhängigkeit vom Zuspruch des Publikums wird sich das Team nach Ausstrahlung der beiden Filme austauschen." Wer Sonjas Heimatort näher kennenlernen möchte, wird Vredenhorst übrigens vergeblich suchen: Das Städtchen ist inklusive des fiktiven Kennzeichens eine Erfindung; die Dreharbeiten fanden in Steinfurt und Umgebung sowie in Werder im Havelland statt.