TV-Tipp:"Polizeiruf: Schweine"

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24. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp:"Polizeiruf: Schweine"
Vermutlich haben die Menschen schon in der Steinzeit wenig schmeichelhafte Vergleiche aus der Tierwelt bemüht, wenn sie andere beleidigen wollten.

Doch während "störrisch wie ein Esel" oder "Angsthase" durchaus der Realität entsprechen, entbehren schweinische Schmähungen in Bezug auf mangelnde Intelligenz jeder Grundlage: Die Tiere sind äußerst schlau und zudem sehr liebenswert. Der Titel dieses Krimis aus dem deutsch-polnischen Grenzgebiet ist zwar angebracht, doch es ist durchaus bezeichnend, wenn Kommissar Rogov auf die Frage, ob er schon mit Schweinen zu tun gehabt habe, antwortet: nur mit zweibeinigen. 

Der "Polizeiruf" des RBB hat in den letzten Jahren einige personelle Änderungen erlebt: Olga Lenski wurde nach Świecko versetzt und arbeite dort mit dem polnischen Kollegen Adam Raczek zusammen, aber sowohl Maria Simon wie auch Lucas Gregorowicz haben mittlerweile gekündigt. Nachfolger war André Kaczmarczyk, der diesmal aber gar nicht mitwirkt. Der RBB versichert jedoch, er gehöre weiterhin zum Team: "Vincent Ross, Alexandra Luschke und Karl Rogov sind in wechselnden Konstellationen zu sehen, das ist das Figurenkonzept der Reihe." Ob die Idee aufgeht, wird sich zeigen. Davon abgesehen ist es aller Ehren wert, dass es der RBB Gisa Flake und Frank Leo Schröder zutraut, diesen Krimi auch allein zu tragen, selbst wenn Flake schon in vielen Rollen ihre unverwechselbare Präsenz bewiesen hat.

Dass "Schweine" trotzdem die Erwartungen vieler Menschen an einen Sonntagskrimi im "Ersten" enttäuschen könnte, liegt nicht am zentralen Duo: Die Geschichte ist genauso unspektakulär wie die komplett aufregungsbefreite Umsetzung durch Tomasz E. Rudzik, obwohl am Drehbuch inklusive Regisseur vier Köpfe beteiligt waren (Seraina Nyikos, Lucas Flasch, Mike Bäuml). Der Film beginnt mit etwas ungelenk wirkendem Männlichkeitsgehabe: Drei junge Männer schießen mit Gewehren auf Gläser, dann eskaliert die Situation; plötzlich bedrohen sie sich gegenseitig. Am nächsten  Morgen wird einer von ihnen tot am Oderufer entdeckt, in seinem Oberkörper steckt eine Gewehrkugel; wäre er nicht ins Wasser gegangen, würde er wohl noch leben. Die zwei anderen waren derart volltrunken, dass sie sich kaum noch an die vergangene Nacht erinnern können. Immerhin werden sie durch die ballistische Untersuchung entlastet. Das Gewehr des Opfers ist allerdings verschwunden. 

Luschke und Rogov haben weder einen Tatort noch eine Tatwaffe, aber immerhin nach einigen Befragungen zwei Motive. Das Trio kommt aus Berlin, alle drei sind Anwälte und Jagdtouristen, aber einander höchst unfreundlich gesonnen: Konstantin (Nicolas Handwerker) ist kein Sohn, wie ihn sich Kanzleibesitzer Albrecht Richtmann (Bernhard Schütz) gewünscht hat, weshalb der Vater bei der Konkurrenz einen Ersatzsohn abgeworben und auch gleich zum Partner gemacht hat; kein Wunder, dass Konstantin nicht gut auf Daniel (Marius Ahrendt) zu sprechen ist. Mit dem Tod des Dritten im Bunde, Leon, hat das allerdings nichts zu tun, aber der junge Anwalt hat etwas über Konstantin herausgefunden, dass dessen Karriere umgehend beenden würde. 

Interessanter als die Animositäten zwischen dem Trio ist die toxische Beziehung zwischen den Richtmanns. "Einen Vater muss man sich verdienen" ist die Devise des Alten; im Verlauf der Befragung Konstantins fördert Luschke einige finstere Begebenheiten zutage. Und dann ist da noch das bedrückende Schicksal eines Schweinehofs: Im Grenzgebiet grassiert die Afrikanische Schweinepest, jeder Verdachtsfall muss gemeldet werden. Ist auch nur ein Tier infiziert, werden alle anderen geschlachtet; für die betroffenen Höfe eine Tragödie. Die beiden Ebenen überschneiden sich, weil eine polnische Familie für Gäste aus Deutschland Jagdtourismus anbietet, um überhaupt über die Runden zu kommen, nachdem im Vorjahr tausend Tiere getötet werden mussten. 

Gedreht wurde größtenteils im Unteren Odertal, einer dünn besiedelten Region im Nordosten Brandenburgs. Gerade die vielen Waldszenen stellten wegen der Unwegbarkeit des Gebiets eine echte Herausforderung dar. Zum Ausgleich gibt es mindestens genau viele Befragungsszenen, die zwar von allen Beteiligten ausnahmslos gut gespielt, filmisch aber ebenso unbefriedigend sind wie die diversen Autofahrten. Krimispannung kommt ohnehin nicht auf; die früheren Fernsehfilme von Regisseur Rudzik sind fürs ZDF-"Herzkino" entstanden ("Ein Sommer in Istrien", "Unterm Apfelbaum"). Immerhin sind die Waldbilder (Kamera: Namche Okon) sehr eindrucksvoll. Im nächsten "Polizeiruf" ist auch André Kaczmarczyk wieder dabei.