Abschiebebeobachterin: "Kinder leiden besonders"

Merle Abel
epd-nord/Kristina Tesch
Merle Abel ist Abschiebebeobachterin bei der Diakonie Hamburg und fragt sich insbesondere, warum bei Abschiebungen von Kindern nicht die UN-Kinderrechtskonvention greife.
Migration und Soziales
Abschiebebeobachterin: "Kinder leiden besonders"
Der Hamburger Flughafen ist ein Ort von Ankommen und Abschied. Zwischen Reisenden mit Koffern liegt der Arbeitsplatz von Merle Abel. Die 34-Jährige ist Abschiebebeobachterin bei der Diakonie Hamburg.

"Ich bin dabei, wenn Menschen abgeschoben werden und achte darauf, dass ihre Grundrechte eingehalten werden", erklärt Merle Abe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Täglich finden mehrere Abschiebungen statt, "das können ältere Menschen sein, jüngere, Familien mit Kindern, es beschränkt sich nicht auf eine Gruppe", so die 34-Jährige. 

Anfang Juni stellt Abel im Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft ihren Jahresbericht vor. Ihr Anliegen sei es, Bewusstsein für die Abschiebesituation zu schaffen und die Vorgänge transparent zu machen. Im Jahr 2023 hat es demnach 16.430 Abschiebungen und Rückführungen von Menschen aus ganz Deutschland über Hamburg gegeben.

Abel hält für den Bericht nicht nur die Zahlen fest, sondern beschreibt Fälle, die sie als problematisch einstuft und nicht den humanitären Standards entsprechend. In ihrem aktuellen Jahresbericht hat die Abschiebebeobachterin den Fokus auf Menschen mit psychischen Erkrankungen und Kinder gelegt, "auf die gesundheitliche Versorgung und die Krankheit im ganzen Abschiebungskontext, sowie auf den Umgang mit Kindern". Kinder seien es, die besonders unter den Bedingungen leiden und niemanden haben, an den sie sich wenden können, sagt Abel. "Die Eltern berichten mir manchmal, dass die Kinder irritiert sind oder Angst haben, wenn nachts auf einmal fremde Personen im Schlafzimmer stehen und sie dann zum Flughafen gebracht werden." Eine Maßnahme, die es laut Abel zu überdenken gelte.

Gefesselte Menschen, häufig mit gesundheitlichen Problemen - davon bekommen die Kinder viel mit. "Es gibt doch die UN-Kinderrechtskonvention, die eigentlich besagt, dass das Kindeswohl immer vorrangig ist", erklärt Abel. In solchen Fällen frage sie sich, "inwieweit wird das eigentlich berücksichtigt und sollte das nicht viel mehr Beachtung finden?" Eine weitere Gruppe, auf die Abel in ihrem Bericht eingeht, sind Menschen mit psychischen Erkrankungen. Diese seien oft Folge von traumatisierenden Erfahrungen im Herkunftsland, auf der Flucht oder des Abschiebeprozesses. "Natürlich sind die Personen unter Aufsicht. Es ist Polizei dabei und in bestimmten Fällen auch Ärzte", erklärt die Abschiebebeobachterin. Dennoch gebe es immer wieder Zwischenfälle.

Abel schildert im Jahresbericht einen konkreten Fall von Zwangsmedikation mit Beruhigungsmitteln, ohne genaues Krankheitsbild. Ihrer Ansicht nach eine Gefahr. Es müsse im Vorfeld eine genauere Prüfung stattfinden, "damit wirklich bei Fällen, in denen Menschen suizidgefährdet sind, geschaut wird, wie verhältnismäßig eine Abschiebung ist", fordert Abel. Auch das möchte sie der Bürgerschaft verdeutlichen.