Keine Kirchenmitgliedschaft ohne Kirchensteuer

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Keine Kirchenmitgliedschaft ohne Kirchensteuer
Wer Mitglied in einer der beiden großen Kirchen in Deutschland ist, muss auch Kirchensteuern zahlen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch in Leipzig. Die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft mit dem Status einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" wie der römisch-katholischen Kirche sei auch mit staatlichen Rechtsfolgen wie der Kirchensteuerpflicht verbunden, urteilte das oberste deutsche Verwaltungsgericht.

Das Urteil wurde mit Spannung erwartet, da ein gegenteiliger Ausgang des Verfahrens das System der Kirchensteuer in Deutschland möglicherweise erschüttert hätte. Vertreter der beiden großen Kirchen begrüßten das Urteil: Die Entscheidung sichere "die Rechtsklarheit und Steuergerechtigkeit", teilte das Erzbistum Freiburg am Mittwoch mit.

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"Es geht hier um Solidarität." Hintergrund des Urteils war ein Rechtsstreit im Erzbistum Freiburg. Dort hatte die katholische Kirche gegen die Entscheidung eines Standesamtes geklagt, das einen Kirchenaustritt bestätigt hatte, der nach Ansicht der katholischen Kirche ungültig war.

Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wies Kirchenamtspräsident Hans Ulrich Anke darauf hin, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes auf Besonderheiten des römisch-katholischen Kirchenverständnisses zurückgeht. Für die EKD sei die Lage ohnehin aufgrund des Kirchenmitgliedschaftsgesetzes eindeutig, sagte der Jurist dem epd. "Der Austritt hat den Verlust der mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte zur Folge."

Auch der Präsident des evangelischen Landeskirchenamtes in Hannover, Burkhard Guntau, stimmte dem Urteil zu. Wie der Kirchenjurist erläuterte, ist die Mitgliedschaft in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gesetzlich eindeutig geregelt: Sie ende mit dem Wirksamwerden einer zulässigen Austrittserklärung.

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Wer austrete, habe keinen Anspruch mehr auf kirchliche Amtshandlungen und dürfe keine kirchlichen Ämter mehr wahrnehmen, etwa als Kirchenvorsteher oder als Pate bei einer Taufe. Mit dem Austritt falle die Pflicht zur Kirchensteuer weg.

Wer austritt, bleibt trotzdem getauft

Guntau betonte, dass bei einem Kirchenaustritt die Taufe nach evangelischem Verständnis erhalten bleibe. Auch das Band zwischen dem Getauften und Gott ende nicht. Außerdem gelte weiter die Einladung zum Gottesdienst und zum seelsorgerlichen Gespräch, um wieder in die Gemeinschaft der Kirche zurückzukehren. "Wir sind dankbar dafür, dass unsere Mitglieder uns finanziell durch ihre Mitgliedsbeiträge unterstützen, die in Deutschland die Form der Kirchensteuer haben", betonte Guntau.

Der pensionierte Freiburger Hochschulprofessor Hartmut Zapp hatte 2007 seinen Austritt aus der katholischen Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts erklärt und zahlte seitdem keine Kirchensteuern mehr. Der Kirchenrechtler betrachtete sich aber weiter als Mitglied der katholischen Glaubensgemeinschaft.

Gericht: Austreten geht nur ganz oder gar nicht

Das Bundesverwaltungsgericht urteilte dazu, ein "isolierter Austritt" aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts sei nicht möglich. Wer gemäß staatlichen Regelungen aus einer Religionsgemeinschaft mit Körperschaftsstatus austrete, könne nicht zugleich in der Religionsgemeinschaft als Glaubensgemeinschaft verbleiben. Wer freiwillig aus der Kirche austrete, sei damit auch kein Mitglied mehr.

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Wie die Kirche mit den Ausgetretenen umgehe, sei wiederum eine innerkirchliche Frage, urteilten die Richter. Zapps Austrittserklärung erklärten die Richter zugleich für zulässig. Der Kirchenrechtler hatte angegeben, dass er aus der "Körperschaft des öffentlichen Rechts" austrete, was das Erzbistum Freiburg als unerlaubten Zusatz gewertet hatte. Es gebe keinen vorgeschriebenen Wortlaut für die Erklärung, sondern einen gewissen Spielraum, urteilten hingegen die Richter. Diesen habe Zapp genutzt.

Zapp zeigte sich nach dem Urteilsspruch zufrieden. "Ich war mit der Verwendung der Kirchensteuer nicht einverstanden", sagte er nach der richterlichen Entscheidung. Der Jurist hatte in erster Instanz beim Verwaltungsgericht Freiburg recht bekommen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim entschied hingegen, dass es keinen teilweisen Kirchenaustritt geben kann. Diese Auffassung wurde auch von der Deutschen Bischofskonferenz vergangene Woche vertreten.